Karriere im Lehrerberuf : Schulleiterin mit 37 Jahren

Erst jahrelanger Schuldienst und als Krönung der Karriere einen Posten in der Schulleitung? So lange wollte Verena Heigl nicht warten. Die Bayerin wusste schon immer, dass sie nicht nur Lehrerin bleiben will. Als eine der jüngsten deutschen Schulrektorinnen wirkt sie dabei alles andere als abgehoben. Dem Deutschen Schulportal erzählt sie, wie sie die Leitungsposition erreicht hat.

Schulleiterin Verena Heigl in ihrem Büro
Verena Heigl ist eine der jüngsten deutschen Schulleiterinnen. Die Bayerin hatte schon immer Interesse an einer leitenden Tätigkeit in einer Schule.
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„Ich hatte einfach immer ein Ziel vor Augen, und ich wusste, ich kann mir das zutrauen.“ Entspannt und selbstsicher berichtet Verena Heigl, wie sie schon mit 37 auf einer Position landete, die andere Lehrerinnen und Lehrer erst deutlich später anstreben und erreichen. Mit ihren heute 40 Jahren gehört die bayerische Pädagogin zu den jüngsten Rektorinnen in Deutschland. An der Grundschule Poing an der Karl-Sittler-Straße ist sie seit drei Jahren verantwortlich für ein Team aus 23 Lehrerinnen und zwei Lehrern sowie für 260 Schülerinnen und Schüler. Schule mitgestalten, das war und ist ihre größte Motivation, der überschaubare Mehrverdienst sei es sicher nicht, lacht sie. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich die nächsten 40 Jahre einfach immer rein- und rausspaziere aus der Schule.“

Erste Erfahrungen als Konrektorin

Dass sie ihr Karriereziel Schulleitung dann aber so schnell realisieren konnte, hing neben ihrem Ehrgeiz von vielen Faktoren ab. Ihr damaliger Schulleiter erkannte das Potenzial der jungen Grundschullehrerin und unterstützte ihre Bewerbung als Konrektorin an der Grundschule Am Bergfeld in Poing. Dort konnte Verena Heigl dann die ersten Erfahrungen in der Verwaltung machen und die großen Herausforderungen der Arbeit auf dieser Position kennenlernen. Abgeschreckt hat sie das Pensum nicht. Im Gegenteil: Nach nur eineinhalb Jahren fühlte sie sich bereit für den nächsten Schritt. „Ja, warum sollte nicht auch der Rektor infrage kommen?“, fragte sie sich. Etwas Glück spielte auch eine Rolle, da die Rektorin einer nahe gelegenen Grundschule gerade ins Schulamt wechselte. „Die Chance nutze ich – was spricht dagegen“, dachte sie und bewarb sich an der Grundschule Poing im oberbayrischen Landkreis Ebersberg, die sich zu der Zeit gerade mitten im Bau eines neuen Schulgebäudes befand.

Schulleiterin mit Probezeit

Auch diese Bewerbung war erfolgreich. Kurz vor ihrem 38. Geburtstag wurde Verena Heigl Schulleiterin einer Grundschule mit Ganztagsangebot. Rektorin war sie damit allerdings noch nicht: Aufgrund ihres Alters bekam sie die Amtsbezeichnung Rektorin und das entsprechende Gehalt erst nach einer einjährigen Probezeit. An ihren Aufgaben änderte sich dadurch nichts.

Und wie schaute das Kollegium auf die junge Chefin? Viele aus ihrem Team seien noch deutlich jünger als sie, erklärte Heigl. Den Älteren merkte sie aber schon eine gewisse Zurückhaltung an. „Jetzt sind wir mal gespannt, was das wird, haben sie vermutlich gedacht“, sagt die Pädagogin mit einem Lächeln. Heute jedoch sei in den Mitarbeitergesprächen, die sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen führt, von Skepsis nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Sie seien von wertschätzendem Feedback auf beiden Seiten geprägt. Immerhin habe man in den vergangenen drei Jahren eine Menge durchgemacht. Denn schon ein halbes Jahr nach ihrem Start sah die junge Schulleiterin sich gemeinsam mit ihrem Team der Corona-Pandemie mit all den bekannten Herausforderungen konfrontiert.

 

Rektorin Verena Heigl

Denn letztlich kann ich die Entscheidung für eine Bewerbung niemandem abnehmen. Ich kann nur dafür sorgen, dass jemand möglichst genau weiß, worauf er oder sie sich einlässt. Die Leitung einer Schule ist und bleibt eben auch eine zeitliche Herausforderung.

„Miteinander – füreinander“ – Corona und die Nachwehen managen

Auch in Hinblick auf Homeschooling, Notbetreuung und neue digitale Skills sei Verena Heigl eines immer besonders wichtig gewesen: dass sie Bescheid wisse, was die Kolleginnen und Kollegen beschäftigt. Jeder könne ihr gegenüber offen sagen, wenn die Belastung zu groß sei. Einige ältere Kolleginnen hätten ihr in dieser Zeit gespiegelt: Das packen sie nicht, das ist ihnen zu viel. Damit könne sie umgehen, sagt Verena Heigl: „Denn wenn ich Bescheid weiß, kann ich reagieren.“

Letztlich standen aber in der Pandemie die Kinder im Mittelpunkt ihres Alltags als Schulleiterin. Das Schulmotto „miteinander – füreinander“ zeigt sich auch in Heigls Herzensprojekt: dem Schulgarten. Auch während des Homeschoolings konnten sich hier viele Kinder mit Abstand – und teilweise ohne sich überhaupt zu begegnen – um die Pflanzen kümmern, erzählt Heigl. So schuf die Betreuung der drei Hochbeete trotz Schulschließung ein Gefühl von Gemeinsamkeit. Ein Lichtblick im grauen Corona-Alltag. Allerdings merken sie und ihr Team heute auch, dass die Zeit den Kindern nachhängt. Man könne nun nicht einfach im Stoff weitermachen, besonders sozial müssen die Kinder jetzt stark gemacht werden, betont die Schulleiterin. Viele belaste es zum Beispiel schon, sich wieder in einer großen Gruppe aufzuhalten.

Aber bekommen Schulleitungen von den Nöten und Sorgen, von den Erfolgen und Wünschen der Schülerinnen und Schüler eigentlich genug mit? Verena Heigl mit Sicherheit. Mit 17 Wochenstunden ist die Lehre nach wie vor ein wichtiger Teil ihres Jobs. Und den möchte sie auch nicht missen. Denn auch wenn Themen wie der kürzlich abgeschlossene Schulneubau, die Kommunikation mit Eltern, kreatives Corona-Management, die Schärfung des Schulprofils und die Planung von Schulevents ihr viel Spaß machen, möchte sie den Unterricht selbst nicht missen: „Ich mag meinen Beruf einfach.“

Wissen, worauf man sich einlässt als Schulleiterin

Ihre Begeisterung für beides, das Lehren und Gestalten, gibt Verena Heigl großzügig an die nächste Generation junger Schulleiterinnen und Schulleiter weiter. Gemeinsam mit ihrer Konrektorin ermöglicht sie jungen Kolleginnen Einblicke in ihre Führungsposition und unterstützt sie durch ihre persönliche Erfahrung und in Hinblick auf Beurteilungen. „Denn letztlich“, so betont sie, „kann ich die Entscheidung für eine Bewerbung niemandem abnehmen. Ich kann nur dafür sorgen, dass jemand möglichst genau weiß, worauf er oder sie sich einlässt. Die Leitung einer Schule ist und bleibt eben auch eine zeitliche Herausforderung.“

Persönlich sei sie froh, dass sie sich dem schon als junge Frau mit aller Energie stellen kann und nicht erst, wenn man ein gewisses Alter erreicht habe. Ihr Job lasse sich für sie gut mit ihrem Familienleben vereinbaren: Es wird einfach möglichst wenig geplant und viel Freiraum gelassen. Nach drei Jahren Schulleitung und zwei Corona-Jahren, in denen sie auch am Wochenende und in den Ferien im Dauereinsatz war, sieht Verena Heigl für sich aber durchaus noch Lernpotenzial: „Ich muss auch mal wieder sagen: Okay, da ist jetzt ein Cut, ich gehe jetzt raus aus der Schule und mache am nächsten Tag weiter.“

Der Weg in die Schulleitung

  • Formale Voraussetzungen: Bewerbung auf eine freie Stelle, dazu eine gute Beurteilung. Der erste Schritt ist eine Konrektorenstelle, erst danach kann man Schulleiter werden (Bewerbungsverfahren und Qualifizierungsmöglichkeiten variieren nach Bundesland und Schulform).
  • Persönliche Voraussetzungen: Spaß am Organisieren, Führen, Verwalten und Kommunizieren in alle Richtungen (Schülerschaft, Eltern, Kollegium, Schulaufsicht, Ministerien, Öffentlichkeit) – also kurz: Spaß am Multitasking.
  • Unterstützende Ansprechpartner: Die Unterstützung der eigenen Schulleitung ist bei einer Bewerbung oft hilfreich. Diese ist auch Ansprechpartner, wenn man sich als Lehrerin oder Lehrer einen ersten Einblick in Verwaltungsaufgaben verschaffen möchte.
  • Motivation: Gestaltungswille und Lust auf mehr Verantwortung. Finanziell lohnt sich der Aufstieg – gerade an Grundschulen – kaum.
  • Arbeitszeit: Man sollte sich über den zeitlichen Aufwand klar sein: 60-Stunden-Wochen sind keine Seltenheit.
  • Lehre: Je nach Bundesland haben Schulleiterinnen und Schulleiter unterschiedliche Lehrverpflichtungen.
  • Chancen: In ganz Deutschland wurden und werden in diesen Jahren Stellen frei, da viele ältere Schulleiterinnen und Schulleiter in den Ruhestand wechseln. Die Chancen auf eine schulische Leitungsposition stehen gut.