Integration : Zahlen und Fakten über herkunftssprachlichen Unterricht
„As-salam alaykum!“, „Merhaba!“, „Cześć!“, „Priwjet!“ – Im herkunftssprachlichen Unterricht können Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund die Kenntnisse und Kompetenzen in ihrer Muttersprache stärken. Zwar steht im deutschen Schulsystem das Lernen und Beherrschen der deutschen Sprache an oberster Stelle, doch das Vertiefen der Herkunftssprache schließt dieses Ziel nicht aus. Im Gegenteil! Studien belegen, dass die Pflege der Herkunftssprache nicht nur die Sprachkompetenz festigt, sondern auch den Erwerb der deutschen Sprache positiv beeinflusst – Hintergrund ist die Erkenntnis, dass Sprachenlernen desto leichter fällt, je mehr Sprachen jemand spricht. Das Deutsche Schulportal sammelt die wichtigsten Zahlen und Fakten zum Thema.
Unterricht in der Herkunftssprache: Zehn Bundesländer machen mit
Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und ab dem Schuljahr 2018/2019 auch das Saarland: Diese zehn Bundesländer und Stadtstaaten bieten an ausgewählten Schulen Arabisch-Unterricht an. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Spiegel-Magazins unter den Kultusministerien der Länder. Nur in sechs Bundesländern gibt es demnach keinen staatlich finanzierten und organisierten herkunftssprachlichen Unterricht. Dazu zählen unter anderem Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen. In Bayern gehört der „muttersprachliche Ergänzungsunterricht“ bereits seit knapp zehn Jahren der Vergangenheit an. Schon 2004 beschloss die bayerische Regierung, das Angebot nicht länger zu finanzieren und innerhalb von fünf Jahren völlig abzuschaffen.
Von A wie Arabisch und Albanisch bis T wie Türkisch und V wie Vietnamesisch
Für seine Ankündigung, den Arabisch-Unterricht einzuführen, ist der saarländische Minister für Bildung und Kultur, Ulrich Commerçon (SPD), von vielen Seiten kritisiert oder gar angefeindet worden. Dabei zeigt die „Spiegel“-Umfrage, dass die Mehrheit der Länder längst Arabisch auf dem Stundenplan eingeplant hat. Außerdem ist Arabisch nur eine von vielen Sprachen, die für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund als herkunftssprachlicher Unterricht infrage kommen. Laut vorläufigen Zahlen des Statischen Bundesamts für das Schuljahr 2017/2018 hat etwa ein Drittel der rund 11 Millionen Lernenden, die aktuell in Deutschland unterrichtet werden, einen Migrationshintergrund, und 10,7 Prozent der Kinder besitzen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Das erklärt das große Spektrum an Herkunftssprachen, die hierzulande an Schulen, in Konsulaten, Gemeinden oder Vereinen unterrichtet werden. An Hamburger Schulen sind es neben Arabisch auch Albanisch, Bosnisch, Dari, Farsi, Polnisch, Russisch und Türkisch. Die Schulen in Hessen boten im Schuljahr 2016/2017 Unterricht in insgesamt elf Sprachen für Kinder aus Zuwandererfamilien an – darunter zum Beispiel Italienisch, Griechisch, Portugiesisch und Serbisch. In Sachsen wiederum, das an Polen und an die Tschechische Republik grenzt, können Kinder auch in ihrer polnischen oder tschechischen Muttersprache unterrichtet werden. In Brandenburg können Kinder vietnamesischer Herkunft zusätzlich Unterricht in ihrer Herkunftssprache in Anspruch nehmen.
Kinder mit Migrationshintergrund sollen Deutsch und Muttersprache lernen
Rund neun von zehn Eltern mit Migrationshintergrund ist es wichtig, dass ihre Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. Das ist das Ergebnis einer im Dezember 2016 veröffentlichten Studie unter Hamburger Zuwandererfamilien. Die Befragung der Universität Hamburg mit Unterstützung der Stiftung Mercator ist bislang die erste größere, repräsentative zu diesem Thema. Der Großteil der rund 3.000 Eltern gab an, dass sie sich von dem herkunftssprachlichen Unterricht eine bessere Integration ihrer Kinder und mehr Erfolg in der Schule erhoffen. Die Studie kommt aber auch zu dem Ergebnis, dass vor allem an Gymnasien schuleigene Angebote bisher ein Mangel sind. Darum würden viele Eltern auf externe Angebote ausweichen – zum Beispiel auf herkunftssprachlichen Unterricht, der nicht von den Schulen selbst, sondern von Vereinen oder den Konsulaten organisiert wird.
Arabisch, Griechisch & Co – Hessens Schulen bieten Unterricht in insgesamt elf Sprachen an.
In Baden-Württemberg nimmt Bedarf an herkunftssprachlichem Unterricht ab
Während in Hamburg die Nachfrage höher ist als das schulische Angebot, geht in Baden-Württemberg der Bedarf an muttersprachlichem Unterricht zurück. Baden-Württemberg gehört zu den sechs Bundesländern, an denen die Schulen selbst keinen herkunftssprachlichen Unterricht anbieten. Kindern mit ausländischen Wurzeln müssen dafür Angebote von den Konsulaten ihrer Herkunftsländer wahrnehmen. Nach aktuellen Angaben des Stuttgarter Kultusministeriums nehmen im laufenden Schuljahr 2017/2018 exakt 38.509 Kinder Schülerinnen und Schüler daran teil – zwei Schuljahre zuvor waren es noch rund 3.700 mehr. Nach Angaben einer Sprecherin von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) gehen der Bedarf und die Akzeptanz in erster Linie in den großen Gruppen zurück. Große Gruppen – dazu gehören vor allem Kinder und Jugendliche türkischer Herkunft.
Auf einen Blick:
- Bislang bieten 9 von 16 Bundesländern herkunftssprachlichen Unterricht an. Das Saarland will ab dem Schuljahr 2018/2019 nachziehen.
- Das Spektrum der Herkunftssprachen ist groß: Arabisch, Bosnisch, Dari, Farsi, Französisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Serbisch, Türkisch, Vietnamesisch …
- Rund neun von zehn Hamburger Eltern mit Migrationshintergrund legen Wert darauf, dass ihr Kind an herkunftssprachlichem Unterricht teilnimmt.
- In Baden-Württemberg sind die Konsulate für den Muttersprachenunterricht von Kindern aus Zuwandererfamilien zuständig. Der Bedarf dafür geht allmählich zurück.