Expertentipps : Humor weckt die Aufmerksamkeit
Von Humor im Unterricht können Lehrerinnen und Lehrer genauso profitieren wie Schülerinnen und Schüler. Denn eine fröhliche, entspannte Atmosphäre fördert den Lernerfolg. Aber natürlich sollen Lehrkräfte nicht Stand-up-Comedians sein. Die Geisteswissenschaftlerin Kareen Seidler vom Deutschen Institut für Humor gibt praktische Tipps für den Unterricht und erklärt, welche Sorte Humor im Klassenraum nicht gut ankommt.

Deutsches Schulportal: Frau Seidler, humorvoller Unterricht – das hört sich toll an! Aber was ist eigentlich Humor?
Kareen Seidler: Im Duden stand mal die Definition „Humor ist, den Widrigkeiten des Lebens mit heiterer Gelassenheit zu begegnen“. Das können Lehrerinnen und Lehrer ja vielleicht ganz gut nachvollziehen.
Nicht jeder Lehrer ist ein geborener Stand-up-Comedian. Ist Humor erlernbar?
Lehrer müssen gar keine Stand-up-Comedians sein. Humorvoll zu sein bedeutet ja nicht, dass man 24 Stunden am Tag Witze reißt. Jeder Mensch hat Humor – manchmal ist er vielleicht verschüttet und muss wieder ausgegraben werden. Wir vom Deutschen Institut für Humor helfen sozusagen bei den Ausgrabungsarbeiten. Also: Ja, man kann seinen Humor trainieren und lernen, ihn bewusst einzusetzen.
Warum ist aus Ihrer Sicht ein humorvoller Unterricht besser?
Wenn im Unterricht eine entspannte und lockere Atmosphäre herrscht, hilft das allen. Außerdem kann man Humor gezielt im Unterricht einsetzen. Das kann helfen, die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler zu wecken und auch Gelerntes besser zu behalten. Es gibt einige Studien, die genau das zeigen.
Was macht Humor mit dem Klassenklima?
Man muss als Lehrkraft nicht ständig witzig sein. Ein paar humorvolle Momente pro Schulstunde reichen aus. Das kann spontaner oder geplanter Humor sein. So bleiben alle wach und interessiert. Und natürlich kann man ebenfalls den Humor von Schülern zulassen. Auch das sorgt für ein entspannteres Klassenklima, in dem Schüler gern lernen.
Ironie ist, laut Duden, „feiner, versteckter Spott“. Verstehen Schüler Ironie?
Ironie verstehen Kinder generell erst mit etwa acht oder zehn Jahren. Wir haben aber von Erziehern gehört, dass Kinder das auch früher lernen können, wenn sie viel Ironie ausgesetzt sind, wenn also in der Schule oder zu Hause von den Erwachsenen viel Ironie benutzt wird.
Humor ist oft eine Sache der Chemie. Wie finden Lehrer heraus, worüber ihre Schüler lachen können?
Einfach ausprobieren. Humor bedeutet immer auch Mut zum Risiko. Wichtig dabei: Vergessen Sie nicht, dass auch professionelle Comedians mit der „9er-Regel“ arbeiten. Neun von zehn Witzen werden sozusagen in die Tonne gekloppt. Trauen Sie sich! Und wenn’s nicht klappt, dann versuchen Sie das nächste Mal was anderes.
Welche Art von Humor geht im Unterricht nach hinten los?
Die Humorwissenschaft unterscheidet zwischen aufwertendem und abwertendem Humor. Aggressiver Humor, Spott und Hohn sind im Unterricht nicht so empfehlenswert. Humor auf Kosten anderer – insbesondere auf Kosten eines einzelnen Schülers – ist selten ratsam. Natürlich kann aggressiver Humor auch mal helfen, Dampf abzulassen. Denn mit aggressivem Humor kann man Distanz schaffen.
Und welchen würden Sie empfehlen?
Die Maxime ist: Humor, der keinem wehtut. Lehrer sollten in ihrem Humor wertschätzend bleiben, die Schüler gut dastehen lassen. Und natürlich darf sich die Lehrkraft auch gern mal selbst auf die Schippe nehmen. Sie kann zeigen, dass selbst sie nicht perfekt ist. Dabei braucht man keine Angst zu haben, sich zu blamieren. Denn anschließend geht man wieder in den üblichen Hochstatus zurück. Studien – zum Beispiel von unserer Humorforscherin Tabea Scheel – haben ergeben, dass aufwertender, sozialer Humor für ein besseres Klassenklima sorgt und dass Schüler dadurch auch kreativer sind. Man kann es zum Beispiel auch mit wohlwollenden, übertriebenen Komplimenten probieren. Wichtig dabei ist, dass man es ernst meint und empathisch bleibt. Auch mit seiner Körpersprache kann man signalisieren, dass man sein Gegenüber wertschätzt. Humor ist auch immer sehr nützlich, um für Aufmerksamkeit zu sorgen. Das kann man im Unterricht ausnutzen. Wer sich allerdings zum Humor zwingen muss, der sollte es lieber bleiben lassen.
Der Schulalltag ist für viele Lehrer immer weniger zum Lachen. Haben Sie den ultimativen Tipp, wie sie dennoch nicht den Spaß am Lehren verlieren?
Versuchen Sie es mit der Einstellung: „Hurra, ein Problem! Da kann ich heute noch was dazulernen.“ Im Impro-Theater nennt man diese Technik „Angebote annehmen“ – egal, was für Angebote das sind. So kann man auch im Alltag Humorangebote annehmen: „Diese Klasse ist nicht kompliziert! Sie ist eine Herausforderung!“
Welcher Witz bringt jede Klasse zum Lachen?
Das ist wirklich eher schwierig zu beantworten. Eine Garantie auf Witze gibt es nicht. Clint Eastwood hat mal gesagt: „Wenn Sie eine Garantie wollen, dann kaufen Sie sich einen Toaster.“ Natürlich hängt es auch immer vom Alter der Kinder ab, was die Klasse zum Lachen bringt. Erstklässler finden vielleicht Scherzfragen interessant, weil sie die Antwort kennen und damit schlau dastehen. In der Pubertät sind dann eher Witze über Jungs und Mädchen beliebt und wie sich die Körper verändern. Ein Geheimrezept gibt es da leider nicht. Haben Sie Mut zum Risiko, nutzen Sie Humorangebote – trauen Sie sich!
Noch mehr Ideen, um Schüler zum Lachen zu bringen, finden Sie auf den Seiten des Deutschen Instituts für Humor:
- Projekt „Gewinne ein Kinderlachen“: jede Menge Tipps für Lehrer
- Artikel zum Thema Pädagogik und Humor
- Studien zum Thema Pädagogik und Humor