Digitale Medien : Mit dem Handy Vokabeln lernen
Englischlehrerin Cathrin Zahavi zeigt ihren Schülerinnen und Schülern, wie sie ihre Smartphones nicht nur zum Chatten, sondern auch zum Lernen nutzen können. Von den zahlreichen Hürden beim Einsatz digitaler Medien lässt sie sich nicht abschrecken.
Ein bisschen ist es wie bei „Wer wird Millionär?“. Auf dem Smartboard in der 6b steht ein Satz auf Deutsch, den die Schülerinnen und Schüler ins Englische übersetzen sollen. Vier Möglichkeiten (a bis d) haben sie dafür zur Auswahl. Wer sich entschieden hat, hält eine viereckige Karte hoch, und zwar so, dass der darauf abgebildete Buchstabe deutlich zu sehen ist. Lehrerin Cathrin Zahavi scannt nun mit ihrem Handy die Antworten aller Kinder. Kurz darauf sind diese auch auf dem Smartboard zu sehen, außerdem ein Diagramm mit vier Balken, das abbildet, wie oft welche Antwort gegeben worden ist. „85 Prozent von euch haben mit C geantwortet – Antwort C ist richtig!“, sagt Cathrin Zahavi. Dann besprechen sie, warum die Antworten a, b und d nicht stimmen.
Jede Stunde muss gut geplant sein
„Plickers“ heißt die App, mit der die Kinder der sechsten Klasse der Neuköllner Herman-Nohl-Grundschule gerade arbeiten. „Die Schülerinnen und Schüler mögen das Programm und lernen Englisch fast nebenbei“, sagt Zahavi. Auch „Quizlet“, eine Lern-App, mit der die Schülerinnen und Schüler zu Hause auf ihrem Handy oder an ihrem Computer Vokabeln üben oder ganze Sätze vom Deutschen ins Englische (oder umgekehrt) übersetzen können, ist längst fester Bestandteil von Zahavis Englischunterricht. Die Lehrerin legt dafür zuvor in der App die Vokabelsets, die von den Kindern geübt werden sollen, für jeden Jahrgang selbst an. Dieser Aufwand lohne sich, sagt sie.
Cathrin Zahavi nutzt häufig das Handy im Unterricht. Alle Schülerinnen und Schüler haben ein Smartphone, sagt sie. Die meisten wüssten allerdings nicht, was man alles damit machen könne. Im Unterricht würden sie gemeinsam die verschiedenen Möglichkeiten entdecken. Spielerisch könne Gelerntes so wiederholt und vertieft werden. Sehr bestimmt fügt Zahavi allerdings hinzu, dass der Einsatz digitaler Medien noch lange keinen guten Unterricht mache. „Wichtig ist, dass jede Stunde gut geplant ist. Nur wenn es ein tragfähiges Grundgerüst gibt, sind digitale Medien ein sinnvolles Mittel, um den Unterricht interessanter und für die Schülerinnen und Schüler greifbarer zu machen“, sagt sie.
Die Eltern werden um Zustimmung gebeten
Zahavi setzt Lern-Apps wie „Quizlet“ oder „Plickers“ allerdings nur dann ein, wenn zuvor die Eltern zugestimmt haben. Das hat auch mit dem Datenschutz zu tun. Diesbezüglich gebe es noch so manche Grauzone, sagt sie. „Ich erkläre den Eltern die einzelnen Anwendungen deshalb sehr genau und bitte sie um ihr Einverständnis.“
Cathrin Zahavi hat sich vor vier Jahren entschieden, digitale Medien in ihrem Unterricht zu nutzen, und verschiedene Fortbildungen besucht. Es gebe viele Angebote zur Weiterbildung – die Lehrerinnen und Lehrer müssten nur wollen, sagt sie. Viele hätten aber noch immer Vorbehalte. Hinzu komme, dass die künftigen Lehrkräfte während ihrer Ausbildung nach wie vor wenig über den Einsatz digitaler Medien im Unterricht lernen würden. „Es gibt noch immer kein separates Studienangebot.“ Medienbildung müsse in den einzelnen Fachbereichen unterkommen, weshalb es vor allem von den Dozentinnen und Dozenten sowie vom eigenen Interesse der Referendarinnen und Referendare abhänge, wie viel diese darüber lernten, sagt Zahavi, die selbst in der Lehrerausbildung tätig ist.
An den Schulen fehlen Fachkräfte, die die Technik warten
Zahavi räumt aber auch ein, dass es den Lehrkräften nicht immer leicht gemacht werde, digitale Medien zu nutzen. Viele Schulen hätten niemanden, der die Technik in ausreichendem Umfang warte. Oft sei etwas kaputt und könne deshalb nicht eingesetzt werden. „Schulen, die nur noch mit Smartboards arbeiten, haben in solchen Fällen dann nicht mal mehr eine Tafel, an die die Lehrkraft etwas anschreiben kann“, sagt sie. Auch ihr sei es kürzlich so gegangen. Sie habe dann alles, was die Kinder wissen sollten, auf DIN-A3-Blätter geschrieben. Ein anderes Beispiel seien die Tablets an ihrer Schule. Die könne sie derzeit nicht nutzen, weil sich das Datum auf den Geräten verstellt habe: „Jedes Tablet müsste jetzt händisch umgestellt werden.“ Und dazu fehle ihr gerade die Zeit. Also bleiben die Geräte im Schrank.
- Mit der „Plickers“-App lassen sich Umfragen im Klassenzimmer zu selbst angelegten Fragen realisieren. Um „Plickers“ anzuwenden, braucht man einen PC mit Beamer oder ein interaktives Whiteboard oder ein Smartphone oder Tablet, auf dem die „Plickers“-App (verfügbar für IOS und Android) installiert ist. Die Schüler müssen nicht mal eigene Smartphones besitzen – sie können die Antworten mit ausgedruckten Barcodes geben.
- Das Lerntool „Quizlet“ wird im Sprachunterricht zum Lernen von Vokabeln angewendet. Die Schülerinnen und Schüler können zwischen „Hören“, „Schreiben lernen“, „Spielen“ oder „Testen“ auswählen.
- Informationen zu Apps und Tools, die von Lehrkräften empfohlen werden, gibt es unter anderem im Magazin „sofatutor“.