DiBiS-Programm : Fit werden für den digitalen Unterricht

In der Lehramtsausbildung nimmt die Nutzung digitaler Inhalte im Unterricht bislang meist noch wenig Raum ein. Um das zu ändern und Referendarinnen und Referendaren mehr Kompetenzen für den digitalen Unterricht zu vermitteln, haben bayerische Realschullehrkräfte das Programm DiBiS entwickelt. Seit 2019 gehört es zu den verbindlichen Ausbildungsinhalten für das Referendariat in Bayern. DiBiS steht für „Digitale Bildung in der Seminarausbildung“. Das Schulportal stellt die Idee und die Inhalte vor.

DiBiS zwei Jungen vor einem Tablet
Für eine stärkere Digitalisierung des Unterrichts braucht es geeignete Formate. Bei der bayerischen Initiative DiBiS werden angehende Lehrkräfte in die Entwicklung digitaler Aufgaben und Unterrichtsabläufe involviert.
©picture alliance / Patrick Seeger/dpa

Schulen müssen für den digitalen Unterricht besser aufgestellt sein: Diese Forderung gibt es nicht erst seit der Corona-Pandemie. Natürlich haben Schulen und Lehrkräfte in den vergangenen Monaten viel auf die Beine gestellt, um Lernen auf Distanz zu ermöglichen und Alternativen zu papiernen Arbeitsblättern zu entwickeln. Flächendeckende didaktische Konzepte fehlen aber noch weitgehend. Und auch die digitalen Kompetenzen reichen oft nicht aus, um digitalen Unterricht wirksam zu gestalten.

„Heute müssen digitale Medien integrativer Bestandteil des Unterrichts sein“, sagte Thomas Strasser, Professor für technologieunterstütztes Lehren und Lernen an der Pädagogischen Hochschule Wien, kürzlich im Interview mit dem Schulportal. Es ist also nicht damit getan, die Funktionsweise dieser oder jener App zu verstehen. Es geht darum, Apps so einzusetzen, dass sie den Unterricht verbessern.

Wenn die Studierenden ins Referendariat kommen, haben sie kaum Vorkenntnisse zum digitalen Unterricht. Wir fangen fast bei null an.
Monika Hochleitner-Prell, Seminarrektorin an der Schönwerth-Realschule Amberg

Doch selbst an den Universitäten scheint digitaler Unterricht immer noch kein großes Thema zu sein. „Wenn die Studierenden ins Referendariat kommen, haben sie kaum Vorkenntnisse zum digitalen Unterricht. Wir fangen fast bei null an“, sagt Monika Hochleitner- Prell, die als Seminarrektorin Referendarinnen und Referendare an der Schönwerth-Realschule Amberg ausbildet.

Referendarinnen und Referendaren sind in die Entwicklung von Lernformaten eingebunden

Statt nun aber zu warten, bis von bildungspolitischer Seite verbindliche Standards gesetzt werden und sich im Studium etwas ändert, ist sie zusammen mit anderen Realschullehrkräften in Bayern selbst aktiv geworden und setzt das Projekt DiBiS um.

Initiiert wurde DiBiS von Kai Wörner, Geschichtslehrer an der Realschule am Europakanal in Erlangen, die 2010 den Deutschen Schulpreis bekommen hat. Die Schule ist eine der bayerischen Seminarschulen, die angehende Lehrkräfte im ersten Jahr des Referendariats ausbilden. Gemeinsam mit den Referendarinnen und Referendaren entwickelte Wörner 2017 erste digitale Lernformate, die dann in den iPad-Klassen der Realschule angewandt wurden. Außerdem erstellte er einen 10-Punkte-Plan, der alle Bereiche der Digitalisierung an Schulen abdecken sollte – vom Überblick über Apps bis zum Urheberrecht.

Wegen der Corona-Krise wurden die Ausbildungsinhalte von DiBiS noch einmal aktualisiert

Ziel von DiBiS ist es, die digitalen Kompetenzen der angehenden Lehrkräfte zu verbessern und so die digitale Schulentwicklung voranzutreiben. Dabei entsteht eine Sammlung erprobter Unterrichtsmaterialien und Vorschläge für digital gestützte Unterrichtsstunden, die fortlaufend erweitert wird.

Seit dem vergangenen Schuljahr ist DiBiS verpflichtender Inhalt in der Seminarausbildung für die Realschulen in Bayern. Auf der Lernplattform mebis gibt es für Interessierte auch einen Kurs zu DiBiS, mit allen Modulen und den bisher erstellten Lernformaten. Während der Corona-Krise wurden die DiBiS-Inhalte noch einmal erweitert und Lernformate so angepasst, dass sie sich für den Fernunterricht eignen. Ein weiterer Fokus liegt nun zum Beispiel auf der Gestaltung von Videokonferenzen. „Es ist ja nicht unser Ziel, vor dem Bildschirm zu sitzen und den Schülerinnen und Schülern Anweisungen zu geben“, sagt Monika Hochleitner-Prell. Vielmehr gehe es darum, Schülerinnen und Schüler durch digitale Tools zur Kollaboration herauszufordern.

„Lernjobs“ sind wie E-Books angelegt

Kernelemente von DiBiS sind aber die Unterrichtsformate und Unterrichtsabläufe, vor allem die „Lernjobs“ und die „DiBiS-Maps“. Beide Formate bieten ein Gerüst, das sich für verschiedene Fächer und Klassenstufen anpassen lässt. Die Maps skizzieren eine Unterrichtseinheit als didaktische Struktur, in die dann konkrete Lernjobs als Aufgaben eingebaut werden können.

Lernjobs sind wie ein E-Book angelegt. Es gibt zunächst eine Einführung in das Thema und einen Überblick, was die Lerneinheit vermitteln soll. Auf den folgenden Seiten des E-Books bekommen die Schülerinnen und Schüler dann Texte zum Lesen und Aufgaben, die sie allein oder in Kooperation mit Mitschülerinnen und Mitschülern lösen sollen. Dabei können sie zum Beispiel im Chat kommunizieren oder gemeinsam ein Dokument bearbeiten. In den Randspalten stehen zusätzliche Informationen oder Anregungen zur Verfügung, die über das eigentliche Thema hinausgehen. Zum Beispiel lassen sich über einen QR-Code Videos abrufen. Am Schluss des Lernjobs gibt es noch eine Zusammenfassung, und es wird überprüft, ob die Schülerinnen und Schüler das Thema verstanden haben. Monika Hochleitner-Prell hat selbst schon solche digitalen Aufgabenformate entwickelt, zum Beispiel den Lernjob über das Nibelungenlied für die 7. Klasse.

Es geht nicht darum, möglichst viele Tools im Unterricht zu präsentieren, sondern sie sinnvoll einzusetzen.
Monika Hochleitner-Prell, Seminarrektorin an der Schönwerth-Realschule Amberg

Die DiBiS-Maps visualisieren die Gestaltung einzelner Unterrichtsstunden oder Unterrichtseinheiten zu einem bestimmten Thema. Die Maps beschreiben anhand einer Karte den Aufbau einer Unterrichtseinheit, welches Ziel sie hat und in welchem Kontext welche analogen und digitalen Tools genutzt werden können. „Dabei geht es nicht darum, möglichst viele Tools im Unterricht zu präsentieren, sondern sie sinnvoll einzusetzen“, erklärt Monika Hochleitner-Prell.

Die Maps sind nicht nur für den Fernunterricht gedacht, sondern ursprünglich für den Präsenzunterricht angelegt. Sie lassen sich auch modifizieren – je nachdem, welche Voraussetzungen die Schülerinnen und Schüler mitbringen und welche Ausstattung zur Verfügung steht. Maps, die von DiBiS bereits angelegt sind, kann man sich hier anschauen. Dargestellt ist zum Beispiel eine Unterrichtseinheit zu optischen Geräten für die 7. Klasse.

Die Referendarinnen und Referendare werden zu Multiplikatoren des DiBiS-Programms

Die Referendarinnen und Referendare an den Seminarschulen lernen von Anfang an, diese Formate im Unterricht einzusetzen und eigene Lernjobs und Maps zu entwickeln. Hier haben sie dann auch die Möglichkeit, Ideen, die sie aus dem Studium mitbringen, zu erproben. Während der Schulschließungen, als Unterrichtsbesuche nicht möglich waren, konnten sie DiBiS-Maps entwickeln und so eine Unterrichtssequenz darstellen.

Bei den angehenden Lehrkräften erlebt Monika Hochleitner-Prell eine große Offenheit gegenüber dem DiBiS-Programm. Und auch eine große Bereitschaft, das Programm in andere Schulen zu tragen und dort weiterzuentwickeln. Wenn sie im zweiten Jahr des Referendariats ihre Seminarschule verlassen und an einer anderen Schule zum Einsatz kommen, bringen sie Wissen und Kompetenzen mit, die das Kollegium dort meist nicht hat. Die angehenden Lehrkräfte können diesem dann interne Fortbildungen geben und werden so zu Multiplikatoren von DiBiS.

Auf einen Blick

  • DiBiS ist Teil der Initiative #BayernEdu. Auf der Website ist auch aufgeführt, wie die DiBiS-Ausbildung im ersten Jahr des Referendariats abläuft. Bundesweit greifen viele Studienseminare diese Dokumentation inzwischen auf und adaptieren sie.
  • Auf der Lernplattform mebis gibt es einen Kurs, der in die DiBiS-Arbeit und die verschiedenen Module einführt. Dort werden alle Lernjobs und DiBiS-Maps vorgestellt, die bislang entwickelt und erprobt wurden. Die Sammlung wird ständig erweitert. Der Ausbildungsplan nimmt auch direkt Bezug auf aktuelle Herausforderungen der Corona-Pandemie. So gibt es Kapitel zu Videokonferenzen und Hinweise zur Gestaltung des Fernunterrichts.