Neue Raumkonzepte : So sehen die Schulen der Zukunft aus

In vielen Metropolen müssen neue Schulen gebaut und saniert werden. Dabei sollen die neuen Gebäude auch einer modernen Pädagogik entsprechen. Berlin und München haben sich für das „Lern- und Teamhauskonzept“ entschieden.

Die Gewinnerschule des Deutschen Schulpreises 2014, die Anne-Frank-Realschule in München, setzt das Lernhauskonzept bereits erfolgreich um.
Die Gewinnerschule des Deutschen Schulpreises 2014, die Anne-Frank-Realschule in München, setzt das Lernhauskonzept bereits erfolgreich um.
©Theodor Barth (Robert Bosch Stiftung)

Das gläserne Klassenzimmer

Wände mit großen Glaselementen, lockere Sitzgruppen, Werkstätten und kleine Therapieräume: Die Schulen der Zukunft haben nur noch wenig gemein mit der althergebrachten Flurschule, wie sie vor hundert Jahren gebaut wurde und noch heute den Alltag vieler Schülerinnen und Schüler bestimmt. Während jahrzehntelang Schulen eher abgerissen wurden, werden nun neue Gebäude benötigt. Vor allem in den Metropolen wächst die Schülerzahl rasant. In Berlin sollen bis zum Jahr 2024/25 etwa 50 neue Schulgebäude entstehen. München plant in den kommenden zwölf Jahren 65 neue Schulen. Auch in Hamburg hält der Schüler-Boom weiter an. Sieben neue Schulen sind in den kommenden vier Jahren in der Hansestadt geplant.

Ziel ist dabei, dass die neuen Schulgebäude auch der Pädagogik der Zukunft gerecht werden. Dazu gehören nicht nur der Ganztag und Inklusion. Die Zeit, in der die Lehrerin oder der Lehrer hinter verschlossenen Türen im Klassenzimmer unterrichtet, während die langen Flure verwaist sind, gehört der Vergangenheit an. Stattdessen ist im 21. Jahrhundert das entdeckende und kooperative Lernen gefragt.

Um den neuen Bedürfnissen der modernen Pädagogik zu entsprechen, setzt sich bundesweit immer stärker das Konzept der sogenannten Lern- und Teamhäuser durch. Als erstes Bundesland hat Ende Februar Berlin diesen Ansatz flächendeckend zum neuen Standard für Neubauten und Grundsanierungen erklärt. Zuvor hatten bereits die Kommunen München und in Nordrhein-Westfalen Herford das „Lern- und Teamhauskonzept“ zum Standard für Schulbauten erhoben.

Die visuelle Beziehung zwischen den Räumen ist auch eine Chance für die Pädagogik.
Rainer Schweppe, ehemaliger Stadtschulrat München

In der Schule der Zukunft sind mehrere Kleinschulen in einem Haus

Entwickelt hat das Konzept Rainer Schweppe, ehemaliger Stadtschulrat von München, der auch Berlin bei der Entwicklung und Umsetzung des neuen Raumprogramms beraten hat. Inzwischen ist seine Beratung auch international gefragt. Zuletzt haben sich die Schweizer für das Konzept interessiert, um die Schulen dort fit für den Ganztag zu machen.

Und wie genau sehen diese Schulen der Zukunft aus? Die Grundidee besteht darin, dass ein Schulhaus aus mehreren kleinen Einheiten besteht, den „Lern- und Teamhäusern“. Das Herzstück eines solchen Lernhauses ist ein Forum, um das sich mehrere Unterrichtsräume gruppieren. Zwei große Gruppenräume sind dabei jeweils durch einen kleineren Teilungsraum für die Differenzierung miteinander verbunden.

Aus jedem dieser Räume kann man durch gläserne Wände ins Forum in der Mitte blicken. Auch die Teilungsräume haben Fenster zu den Unterrichtsräumen. „Die visuelle Beziehung zwischen den Räumen ist auch eine Chance für die Pädagogik“, erklärte Rainer Schweppe. Ein Teil der Schülerinnen und Schüler kann eigenständig in den Teilungsräumen arbeiten oder im Forum etwa eine Präsentation vorbereiten, ohne dass die Lehrkraft die Kinder aus dem Blick verliert. In dem Forum können auch verschiedene Klassen in übergreifenden Projekten zusammenarbeiten.

In einem solchen Lernhaus sollen drei bis vier Klassen und etwa 15 Pädagoginnen und Pädagogen Platz finden. Die Lehrkräfte und sozialpädagogischen Fachkräfte haben auf der Etage einen gemeinsamen Teamraum, einen Lagerraum für Lernmittel, einen Kopierraum und eine Kaffeeküche. Alle Lernhäuser haben auch ihre eigenen Toiletten und Garderoben. Durch diese Kleinschulen innerhalb der Schule werden die Lehrkräfte zu engen Bezugspersonen für die Schülerinnen und Schüler.

Startschuss für Schulen der Zukunft in Berlin

Neben diesen kleinen Einheiten hat die Schule der Zukunft aber auch Räume zu bieten, die von der gesamten Schulgemeinschaft genutzt werden. Dazu gehören natürlich eine Mensa und speziell ausgestattete Fachräume. Der Speisesaal ist verbunden mit einem Mehrzweckraum, zu dem auch eine Bühne für Veranstaltungen gehört. Sogar ein Garderobenbereich für Gäste ist vorgesehen. Ebenfalls angegliedert an die Mensa ist nach dem Berliner Raumstandard eine Lernwerkstatt mit dem Schwerpunkt „Kochen und gesunde Ernährung“. Darüber hinaus gibt es noch andere speziell ausgestattete Räume, wie einen Kunstraum mit Brennofen oder einen Musikraum mit angegliedertem Übungsraum. Für Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarfen sind Räume vorgesehen, in denen zum Beispiel Logopädie oder Ergotherapie angeboten werden kann. Und natürlich wird es auch eine Bibliothek mit digitalen und analogen Medien geben.

Teile des Gebäudes, wie etwa die Bibliothek, sollen sich möglichst auch in den Stadtteil öffnen, sodass die Schule zum Zentrum eines lokalen Bildungsnetzwerks werden kann.

In Berlin können jetzt die ersten Schulen nach den neuen Standards geplant werden. „Wir warten nun gespannt auf den Architektenwettbewerb und verbinden damit den Wunsch, dass es Ergebnisse geben wird, in denen sich die Pädagogik der Zukunft wiederfindet“, sagte Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses in Berlin. Das neue Raumprogramm biete viele Ansätze für die Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer beim Bau einer neuen Schule, sagte Heise. In Berlin wurde eigens dafür jetzt ein Landesbeirat Schulbau gegründet, in dem auch die Eltern vertreten sind.

Auf einen Blick

  • Lern- und Teamhäuser sollen die alten Flurschulen ablösen.
  • Berlin und München haben das Raumkonzept bereits zum flächendeckenden Standard für neue oder grundsanierte Schulgebäude erklärt.
  • Ein Schulhaus besteht aus mehreren kleineren Lernhäusern, in dem drei bis vier Klassen und ihr dazugehöriges multiprofessionelles Team von Pädagoginnen und Pädagogen ihren festen Platz haben.
  • Unterrichtsräume, Teilungsräume und ein Teamraum reihen sich um ein zentrales Forum.
  • Teile des Gebäudes, wie die Bibliothek oder ein Veranstaltungsraum mit Bühne, sollen auch öffentlich genutzt werden.