Prävention : So können Schulen einer Läuse-Epidemie vorbeugen
Kuscheltiere ins Tiefkühlfach legen, Jacken und Mützen in Tüten packen, Bettbezüge waschen, Haare feucht auskämmen: Was davon hilft wirklich bei Kopflausbefall? Und was können Schulen tun, um zu verhindern, dass sich die Kopflaus ausbreitet? Experte Hermann Feldmeier, emeritierter Professor der Charité Berlin, liefert Antworten.
Was kann man tun, um sich vor Kopfläusen zu schützen?
Das hängt immer ganz von den Gegebenheiten ab. Untersuchungen aus Norwegen haben gezeigt, dass Kopfläuse das ganze Jahr über in der Kinderpopulation zirkulieren. Doch man sieht sie nicht: Kopfläuse sind ja sehr klein. Meistens erkennt man Kopflausbefall nur daran, dass das Kind sich kratzt. Dieses Kratzen aber ist ein allergisches Phänomen: Die Kopfhaut reagiert auf Produkte, die im Speichel der Läuse enthalten sind. Das betrifft allerdings nur etwa ein Drittel der Kinder. Achtet man also lediglich auf Kinder, die sich den Kopf jucken, übersieht man 70 Prozent der Kinder, die Kopfläuse haben. Deshalb die Empfehlung aus Norwegen: Wer wirklich verhindern will, dass sich Kopfläuse in einer Kita oder in der Schule festsetzen und zu einem Ausbruch führen, muss regelmäßig die Köpfe der Kinder untersuchen.
Was heißt in diesem Fall regelmäßig?
Etwa alle drei Monate. Wichtig: Man kann Kopfläuse mit bloßem Auge oft nicht erkennen. Es gibt eigentlich nur eine zuverlässige Methode, die wirklich Sicherheit gibt, nämlich das sogenannte feuchte Auskämmen. Wer dabei keine Läuse entdeckt, hat auch keine. Wenn es nur um die Feststellung geht, ob in einer Einrichtung Läuse zirkulieren, genügt es, diese zeitaufwendige Methode auf Mädchen zu begrenzen. Sie sind wesentlich häufiger betroffen als Jungen. Das Kontrollieren und Auskämmen ist übrigens ganz klar Aufgabe der Eltern. Lehrkräfte oder pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen noch nicht mal die Haare der Kinder anfassen!
Können Schulen denn gar nichts tun, um dem Ausbruch einer Läuse-Epidemie vorzubeugen?
Doch, natürlich. Wenn das Schild „Achtung, Läuse!“ aushängt, muss allerdings eine vollkommen andere Art der Prävention angewendet werden, damit die Epidemie zeitnah zum Stillstand kommt. Alle Kinder dieser Einrichtung und die Kontaktpersonen – also diejenigen, die Kopf-zu-Kopf-Kontakt hatten – müssen am selben Tag gegen Läuse behandelt werden, unabhängig davon, ob man im Einzelfall Kopfläuse findet oder nicht. Selbstverständlich sind hier wieder die Eltern gefragt, aber die Schulleitung sollte bei der Organisation unterstützen.
Kann „Kopf-zu-Kontakt“ eigentlich auch bedeuten, dass Lehrkräfte dicht neben Kindern sitzen und mit ihnen gemeinsam Aufgaben lösen?
Nein! „Kopf-zu-Kopf-Kontakt“ heißt nicht Nebeneinandersitzen, sondern dass die Haare von zwei Personen dicht aneinanderliegen. Kopfläuse können weder springen noch fliegen. Sie können sich nur von einem Haar auf ein anderes Haar hinüberhangeln. Sie haben sechs Beine. Die Kopflaus hält sich mit drei Beinen an einem Haar fest, dann kommt ein anderes Haar damit in Kontakt und die Kopflaus greift mit den übrigen drei Beinen danach – schon sitzt die Laus auf einem anderen Kopf.
In manchen Schulen und Kitas werden die Jacken und Mützen der Kinder einzeln in Plastiktüten verpackt und in die Garderobe gehängt. So will man vermeiden, dass sich die Läuse ausbreiten. Was halten Sie davon?
Das ist alles Unsinn. Solche Aktionen vergrößern nur die Hektik und die Schuldzuweisungen. Dabei ist längst wissenschaftlich bewiesen, dass diese Methoden gar nichts bewirken. Kopfläuse beseitigt man, indem man sie behandelt – und nicht die Stofftiere oder die Textilien. Sprich: Auch das Reinigen der Bettwäsche ist an dieser Stelle überflüssig.
Manche bringen Kopflausbefall mit unzureichender Hygiene in Verbindung. Ist das auch so ein hartnäckiges Klischee?
Absolut. Ob ich meine Haare häufig oder selten wasche, ob ich Shampoo benutze oder nicht – es hat keinen Einfluss darauf, ob ich seltener oder häufiger Kopfläuse habe. In allen wissenschaftlichen Fachveröffentlichungen heißt es: Kopflausbefall ist kein Hygieneproblem!
Zur Person
- Hermann Feldmeier ist Professor an der Charité Berlin und Experte auf dem Gebiet der Tropenmedizin.
- In seiner wissenschaftlichen Arbeit befasst sich Hermann Feldmeier seit vielen Jahren mit Kopflausbefall (Pediculosis capitis).
- Wie muss eine Schule bei Kopflausbefall reagieren? Wie funktioniert das feuchte Auskämmen? Welche Rolle spielt das Gesundheitsamt? Auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin informiert Hermann Feldmeier umfassend über Kopflausbefall.