Das Deutsche Schulbarometer : Umfrage: Wie Eltern die Schule ihrer Kinder sehen
Ob Hausaufgaben, Klassenarbeit oder Referat: Eltern engagieren sich stark für den Schulerfolg ihrer Kinder, oft viele Stunden in der Woche. Das ist ein Ergebnis des Deutschen Schulbarometers, einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT Verlagsgruppe. Dafür wurden im Juni und Juli 2019 Eltern von Grundschulen und weiterführenden Schulen befragt. Die Ganztagsschule als verbindliches Modell lehnen Eltern demnach mehrheitlich ab. Das größte Problem in den Schulen ist aus Sicht der Eltern der Unterrichtsausfall. Dennoch empfiehlt eine überwältigende Mehrheit die Schule ihrer Kinder weiter. Die vollständigen Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers gibt es exklusiv auf dem Schulportal zum Download.
Wer in einer Elternrunde das Thema Schule anspricht, bekommt meist eine lange Mängelliste präsentiert. Jedem fällt etwas dazu etwas ein, das gerade wieder nicht funktioniert – vom Dauerbrenner Unterrichtsausfall, über Mobbing oder ungerechte Benotung bis hin zum unzureichenden Matheunterricht. Umso erstaunlicher sind vor diesem Hintergrund die Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers, einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT Verlagsgruppe. Das Institut für angewandte Sozialwissenschaft infas hat mehr als 1.000 Eltern von Kindern an Grundschulen und weiterführenden Schulen aus ganz Deutschland befragt. Die wichtigsten Ergebnisse finden Sie unten in der großen Infografik. Demnach würden 77 Prozent der befragten Eltern die Schule ihrer Kinder weiterempfehlen. Außerdem sagen 72 Prozent der Eltern, dass die Lehrkräfte ihrer Kinder engagiert seien. Bei den weiteren Befragungsergebnissen kommt dann allerdings gleich mehrfach ein „Aber“.
Von Hausaufgaben bis Wandertag – Eltern engagieren sich für ihr Kind und seine Schule
Das größte Aber zeigt sich darin, dass Eltern trotz der Zufriedenheit mit der Schule ihren Kindern in großem Umfang bei den Hausaufgaben helfen. Am meisten Unterstützung bekommen Grundschulkinder. 66 Prozent der Eltern helfen laut der Elternbefragung hier regelmäßig, davon die Mehrheit bis zu drei Stunden in der Woche, und mehr als jeder Dritte investiert sogar bis zu sechs Stunden und mehr. An den weiterführenden Schulen helfen immerhin noch 25 Prozent der Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben. Hinzu kommt über alle Schularten hinweg die Unterstützung bei Referaten, der Vorbereitung von Klassenarbeiten und dem allgemeinen Üben und Lernen.
- Das Deutsche Schulbarometer ist eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT Verlagsgruppe. Das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft hat für die Elternbefragung 1.011 Eltern von Kindern an Grundschulen und weiterführenden Schulen aus ganz Deutschland befragt.
- Update: Die nachträgliche Auswertung der Elternbefragung zu den Themen „Handyverbot“ und „Schulstreik für den Klimaschutz“ hat das Schulportal in zwei gesonderten Beiträgen näher betrachtet.
Hausaufgaben sind aber nur ein Bereich, in dem die Eltern bei der schulischen Vorbereitung mitwirken. Viele Eltern engagieren sich noch zusätzlich bei Wandertag und Festen, sind Elternsprecher oder Lesepaten, manche betreuen auch eine Schul-AG. Trotz dieser starken Beteiligung an den schulischen Belangen der Kinder finden allerdings nur 18 Prozent der für das Deutsche Schulbarometer befragten Eltern, dass ihre Schule zu viel Engagement von ihnen erwarte. Für die meisten Mütter und Väter scheint der große Einsatz laut der Elternbefragung selbstverständlich zu sein – sie wollen offenbar den schulischen Erfolg der Kinder nicht allein der Schule überlassen.
„Der Bildungserfolg von Kindern darf nicht von der regelmäßigen Unterstützung der Eltern abhängen“, sagt dazu Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung in der Robert Bosch Stiftung. „Lehrerinnen und Lehrer müssen darauf reagieren und ihren Unterricht und die eigene Haltung entsprechend verändern, damit Kinder von Beginn der Schullaufbahn an gleiche Bildungschancen haben.“
Schule bereitet nicht ausreichend auf das Leben vor
Hier kommt das zweite Aber der Eltern: Auf die Frage, ob die Schule die Kinder ausreichend gut auf das Leben nach der Schule allgemein und insbesondere das Berufsleben vorbereitet, äußert sich nicht einmal die Hälfte in der Elternbefragung zustimmend. Dabei haben sie hohe Erwartungen: 69 Prozent der Befragten wünschen sich für ihr Kind den höchsten Schulabschluss, das Abitur.
Außerdem findet nur etwa jeder Zweite, dass sich die Pädagoginnen und Pädagogen um leistungsschwächere Kinder kümmern. Bei leistungsstärkeren Kindern sieht es noch schlechter aus. Nur 32 Prozent der Eltern von Grundschulkindern sagen, es gebe hier spezielle Angebote, an weiterführenden Schulen sind es immerhin 45 Prozent.
Die meisten lehnen laut Elternbefragung die gebundene Ganztagsschule als verbindliches Modell ab
Ein Großteil der Eltern lehnt die gebundene Ganztagsschule als verbindliches Modell für alle Schulen ab. Nicht mal ein Viertel der für das Deutsche Schulbarometer Befragten möchte, dass alle Schulen in Deutschland Ganztagsschulen werden. Als Argumente dagegen sagen zwei Drittel der Eltern, dass ihre Kinder den Nachmittag lieber zu Hause als in der Schule verbringen, 45 Prozent befürchten einen Verlust gemeinsamer Zeit in der Familie.
Angesichts dieser Skepsis der Eltern betont Bundesbildungsministerin Anja Karliczek gegenüber dem Deutschen Schulportal zur Elternbefragung: „Eine Sorge der Eltern, am Ende stünde die verpflichtende, gebundene Ganztagsschule für alle, ist unbegründet. Ob Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, offene oder gebundene Ganztagsschule – die Vielfalt der Angebote werden wir bei der Ausgestaltung des geplanten Rechtsanspruchs berücksichtigen.“
Karliczek sieht im Ganztag große Chancen – für die individuelle Förderung der Kinder und für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Damit tatsächlich alle Schülerinnen und Schüler als Kernzielgruppe profitieren, muss allerdings die Qualität der Angebote stimmen.“
Eine qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung müsse die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen. „Eins ist klar: Wir werden die Chancen des Rechtsanspruchs nur erschließen können, wenn der Ganztag in seiner Ausgestaltung überzeugt. Denn davon werden Eltern und Kinder abhängig machen, ob sie die Angebote nutzen oder nicht“, führte die Bundesbildungsministerin gegenüber dem Deutschen Schulportal weiter aus.
Noch scheint die Skepsis bei den Eltern aber groß zu sein. Selbst die Eltern, deren Kinder eine vollgebundene Ganztagsschule besuchen, sprechen sich nur zu 37 Prozent dafür aus, dass alle Schulen in Deutschland Ganztagsschulen werden. Und das, obwohl diese Eltern in Bezug auf die Förderung ihrer Kinder deutlich bessere Noten vergeben als die Eltern, deren Kinder eine Schule mit einer anderen Organisationsform besuchen.
Bestätigt wird das auch durch die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG). Seit 2005 wird in diesem Forschungsprogramm, an dem alle 16 Länder teilnehmen, die Ganztagsschule unter die Lupe genommen. Demnach bietet sie nicht nur für Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind, eine sichtbare Entlastung, es zeige sich auch, dass Ganztagsschulen das Familienklima verbessern, weil es offenbar weniger Streit um Hausaufgaben gibt. Das kann wiederum Auswirkungen auf den Lernerfolg haben.