Deutscher Schulpreis : Planspiel „Gute Schule“: Gemeinsam Schule entwickeln
Was passiert, wenn Lehrerinnen und Lehrer Schule spielen dürfen, hat Antje Pochte erlebt. Sie ist Schulleiterin der Jeetzeschule in Salzwedel. Gemeinsam mit ihrem Kollegium hat sie vor einem Jahr das Planspiel „Gute Schule“ gespielt, das jetzt im Friedrich Verlag erschienen ist. Im Interview mit dem Schulportal erklärt Antje Pochte, warum das Planspiel der entscheidende Anstoß für ein neues Projekt war.
Mehr zum Planspiel
- Das Planspiel „Gute Schule“ will viel mehr als ein Spiel sein und Impulse zur Schulentwicklung geben. Grundlage des Spieles sind die sechs Qualitätsbereiche des Deutschen Schulpreises. Die Spielteilnehmer nehmen verschiedene Rollen ein und ringen gemeinsam um die beste Strategie für ihre Schule. Zahlreiche Innovationskarten geben Impulse für die eigene gute Schule. Eine Auswahl der Innovationskarten finden Sie in der Bildergalerie.
- Idealerweise spielt man das Planspiel innerhalb eines Kollegiums zeitgleich in Teams von vier bis sechs Personen.
- Die Autoren des Spieles sind die Referendare Thomas Ahnfeld und Alexandra Bär sowie Michael Schratz. Er ist unter anderem Gründungsdekan der School of Education an der Universität Innsbruck und Sprecher der Jury des Deutschen Schulpreises.
- Das Spiel ist im Oktober 2019 im Friedrich Verlag erschienen.
- Hier haben Sie bis zum 31. Oktober 2019 die Gelegenheit das neue Planspiel „Gute Schule“ zu gewinnen.
Schulportal: Frau Pochte, Sie haben das Planspiel „Gute Schule“ gespielt. In welchem Rahmen?
Antje Pochte: In den letzten eineinhalb Wochen der Sommerferien trifft sich immer das gesamte Kollegium in der Schule, um das neue Schuljahr vorzubereiten. Vor einem Jahr haben wir in dieser Zeit kurz vor Schuljahresbeginn das Planspiel gespielt – praktisch mit dem gesamten Schulteam. Das waren ungefähr 30 Leute: Neben der Schulleitung und den Lehrkräften waren auch die pädagogischen Fachkräfte dabei sowie unsere drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Büro. Das Planspiel hat einen ganzen Vormittag eingenommen.
Wie sind Sie auf das Spiel aufmerksam geworden?
Mein Kollege Jens Winter war zusammen mit einer Kollegin einer benachbarten Schule auf einer Fortbildung. Dort haben sie das Planspiel im Team gespielt – und waren begeistert. Daraufhin hat mein Kollege gleich einen der Autoren des Spieles, Thomas Ahnfeld, angesprochen und gefragt: Können wir das Planspiel noch mal an unserer Schule spielen? Und keine zwei Wochen später war es dann schon so weit.
Hatten Sie eine Vorstellung davon, was Sie erwartet?
Ich wusste nicht, was da auf mich zukommt. Gar nicht, ehrlich gesagt. Mich hat überrascht, mit welchen Einschränkungen wir im Spiel zurechtkommen mussten. Für die Umsetzung der schulischen Innovationen stand uns nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung. Da war dann strategisches Denken gefragt: Ich habe nur so und so viel Geld, ich darf mich jetzt nicht verzetteln, muss mich vielleicht auf zwei Sachen spezialisieren und meine Ziele im Blick behalten – so wie es im Schulalltag eben auch oft ist.
Das Planspiel „Gute Schule“ bringt das Kollegium miteinander ins Gespräch
Das heißt, Sie haben Gemeinsamkeiten zwischen Planspiel und Realität entdeckt?
Ganz genau – aber natürlich nicht durchgängig. Manchmal habe ich auch gedacht, okay, im Schulalltag würde ich das jetzt nicht so machen. Doch unabhängig davon war das Spiel total gut, um die Lehrerinnen und Lehrer wieder miteinander ins Gespräch zu bringen. Alle haben sich ausgetauscht und diskutiert, welchen Schwerpunkt wir setzen und welche der vielen Ideen, die wir im Spiel entwickelt haben, wir tatsächlich weiterverfolgen wollen.
Die Innovationskarten
Das Planspiel besteht aus verschiedenen Teilen, dazu gehören 72 Innovationskarten. Sie führen in aktuelle Erkenntnisse der Schulentwicklungsforschung ein und eröffnen zahlreiche Möglichkeiten der Schulentwicklung, die im Spiel verhandelt und umgesetzt werden müssen.
Was haben Sie und Ihr Kollegium aus dem Planspiel für die eigene schulische Arbeit gelernt?
Wir haben in der Nähe unserer Schule große Grundstücke für einen langen Zeitraum gepachtet. Die wollen wir nutzen, um unsere Idee der Entschulung voranzutreiben. Das Planspiel hat uns sehr dabei geholfen, dass wir uns gemeinsam auf dieses Ziel verständigen. Beim Spielen stellte sich klar heraus: Hier besteht Einigkeit, wir wollen das.
Was meinen Sie mit „Entschulung“?
Die Schülerinnen und Schüler der siebten und achten Klasse sind weder Fisch noch Fleisch und wirklich schwer in der Schule zu erreichen. Das versuchen wir unter anderem mit einem eigenen außerschulischen Lernort zu ändern. Das Projekt läuft seit diesem Schuljahr. Die Grundstücke sind mit insgesamt 12.000 Quadratmetern ziemlich groß und mussten zunächst einmal urbar gemacht werden. Immer 20 Schülerinnen und Schüler sind zwei Wochen am Stück draußen, dann folgt die nächste Gruppe. Die Jugendlichen werden dort von einem dreiköpfigen Team betreut. Inzwischen haben die Schülerinnen und Schüler schon Unterstände, Kochecken und Plätze zum Chillen gebaut.
An der Jeetzeschule in Salzwedel steht Projektarbeit an erster Stelle
Warum haben Sie das Planspiel gebraucht, um sich auf dieses Projekt zu verständigen? Herrschte vorher Uneinigkeit darüber?
Wir haben vier Jahre lang ein ähnliches Projekt gehabt. Unsere Schülerinnen und Schüler werden in Stammgruppen unterrichtet. Aus insgesamt vier Stammgruppen haben je zwei bis drei Schülerinnen und Schüler gemeinsam auf dem Schulhof gebaut. Es waren also immer etwa zehn Lernende draußen – das hieß aber auch, dass mehrere Wochen lang dauerhaft Schülerinnen und Schüler in den Stammgruppen fehlten. Darüber herrschte Unzufriedenheit, und uns war klar, wir wollen das so nicht mehr. Dabei haben wir schon vor Jahren gesagt: Jedes Projekt hat Vorrang vor normalem Unterricht.
Und das war zwischenzeitig in Vergessenheit geraten?
Richtig. Erst das Planspiel hat uns wieder gezeigt: Wir wollen hier alle Projekte, so ist das einfach. Beim Spielen wurde aber deutlich, was den einzelnen Gruppen dabei wichtig ist. Wir müssen den Spagat zwischen Projektarbeit und Prüfungsvorbereitung schaffen. Ab der neunten Klasse fangen wir an, die Schülerinnen und Schüler auf die Prüfungen vorzubereiten, wir müssen aber nicht die ganzen Schuljahre zuvor damit verderben.
Welchen Schulen würden Sie das Planspiel weiterempfehlen?
Wir nehmen am Entwicklungsprogramm des Deutschen Schulpreises teil und haben beim Auftakt eine Schule kennengelernt, die noch viele Baustellen hat. Die Kolleginnen und Kollegen dort wissen gar nicht, wo sie anfangen sollen. Unser Rat war: Hospitiert bei uns und geht dann in Klausur. Das Planspiel wäre ein guter Auftakt dafür – wenn man schon erste Ideen gesammelt hat und die nicht gleich abwürgen möchte. Da neigen ja alle zu – tausend Gründe zu finden, warum etwas nicht geht. Das Planspiel stellt Ideen auf den Prüfstand: Was wollen wir wirklich machen, wenn wir nur begrenzt Geld und Zeit haben und dabei auch noch gesund bleiben wollen? Dafür ist das Spiel wirklich gut. Wir wollen übrigens mit unseren Schülerinnen und Schülern der Abiturstufe das Planspiel erneut spielen. Sie arbeiten am Projekt „Schule der Zukunft“. Da ist das Spiel die perfekte Ergänzung.
Die Jeetzeschule auf einen Blick
Die Jeetzeschule in Salzwedel (Sachsen-Anhalt) gehört zu den TOP 15 des Deutschen Schulpreises 2019 und nimmt seit diesem Herbst am Entwicklungsprogramm des Deutschen Schulpreises teil. Es handelt sich um eine reformpädagogisch orientierte Gesamtschule mit rund 280 Schülerinnen und Schülern.