Ausgezeichnet : Eine Schule kämpft um saubere Toiletten

Schmutzige Toiletten, beschmierte Wände, Seife ständig aufgebraucht: Die Sanitär­anlagen sind an vielen Schulen ein Dauer­problem. Häufig vermeiden es die Kinder sogar, die Toiletten zu benutzen. Die Heinrich-Neumann-Schule in Remscheid will das ändern – und entwickelte ein Toiletten-Konzept. Nun gehört die Förder­schule zu den Siegern im Wettbewerb „Toiletten machen Schule“.

Toiletten als Stühle im Klassenzimmer
Der Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ rückt ein Tabuthema in den Fokus. Viele Schülerinnen und Schüler leiden unter maroden oder verschmutzten Sanitäranlagen.
©German Toilet Organization e. V.

Gut drei Monate ist es her, dass die „Mädchen AG“ der Heinrich-Neumann-Schule in Remscheid Alarm schlug: Die Toiletten seien schmutzig, die Wände beschmiert, viele Mädchen vermieden den Toiletten­gang. Als dann das Kollegium auf den Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ des gemein­nützigen Vereins „German Toilet Organization“ stieß, packte der Ehr­geiz Lehr­kräfte und Lernende gleicher­maßen. Nun wurde die Förder­schule für ihr Toiletten-Konzept aus­gezeichnet, 10.000 Euro Preisgeld inklusive.

Zunächst nahmen Schülerinnen und Schüler, Schul­leitung, Lehr­kräfte, Haus­meisterin und Reinigungs­kraft gemeinsam die Toiletten in Augen­schein – und waren über­rascht vom schlechten Zustand der Räume. „Zum Beispiel fehlten mehrere Toiletten­papier­halter. Das Papier steckte auf den Klo­bürsten­griffen oder lag auf dem Boden“, erzählt Petra Schulz, Lehrerin in der Primar­stufe. In den seit Jahren nicht renovierten Räumen waren Fliesen abgeplatzt, Spiegel zerbrochen. Mehrfach hatte die Schule Geld dafür beantragt – ohne Erfolg. Und vom Frust der Reinigungs­kraft hatte zuvor niemand etwas geahnt.

Die Heinrich-Neumann-Schule in Remscheid gehört zu den Siegern im Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ der German Toilet Organization.
Die Heinrich-Neumann-Schule in Remscheid gehört zu den Siegern im Wettbewerb „Toiletten machen Schule“ der German Toilet Organization.
©German Toilet Organization e. V.

Klodeckel-Design und Traum­toiletten

Eine von Lehrkräften und Schüler­schaft entwickelte Befragung zeigte, dass vielen der Klo­besuch buchstäblich „stank“: „Durch­gehend, von der Primar­stufe bis zur Sekundar­stufe I, gab es Kritik am Geruch, an beschmierten Wänden und fehlender Ausstattung“, sagt Schulz. Um die Auseinander­setzung mit dem Thema schul­weit anzuregen, widmete sich zunächst der Kunst­unterricht der Toiletten­frage. Die Schülerinnen und Schüler entwarfen Fliesen-Kunst­werke, Klodeckel-Designs oder Beschilderungen. Andere Klassen bauten Modelle ihrer Traum­toilette oder zeigten in Filmbeiträgen, was in schönen Klo­räumen möglich sein könnte: Karten­spielen zum Beispiel oder ein heimliches Nickerchen.

Eine Frage der Wertschätzung

In ihrem pädagogischen Ganztag widmete sich die Schule ebenfalls dem Toiletten­problem. Die Vermutung des Kollegiums: Die Wert­schätzung gegen­über den Gegen­ständen und den Personen, die sie verwalten und reinigen, sei verloren gegangen. „Irgendwie hatte jeder den Zustand als gegeben hingenommen, und niemand wusste, wie man das ändern kann“, sagt Schulz. Um eine Wert­schätzung nach­haltig aufzubauen, entwickelten die Lehr­kräfte mit den Schülerinnen und Schülern mehrere Maßnahmen:

Irgendwie hatte jeder den Zustand als gegeben hin­genommen und niemand wusste, wie man das ändern kann.
Petra Schulz, Lehrerin an der Heinrich-Neumann-Schule
  • Toiletten-Paten weisen neue Schülerinnen und Schülern in die Nutzung der Toiletten ein.
  • Alle Schülerinnen und Schüler unterschreiben die gemeinsam entwickelten Toiletten-Regeln.
  • In allen Toiletten­räumen hängen die Regeln an der Wand – hoch­wertig gerahmt.
  • Alle Klassen übernehmen reihum Toiletten­dienste: Sie kontrollieren die Räume und geben Bescheid, wenn zum Beispiel Hand­tücher oder Seife fehlen.
  • Gemeinsam feiert die Schule jedes Jahr den „Welt­toiletten­tag“.
  • Ein Belohnungs­system soll dafür sorgen, dass sich alle für die Toiletten verantwortlich fühlen: Gibt es eine Woche lang keinen Anlass zur Beschwerde, bekommen alle Schülerinnen und Schüler einmal haus­aufgaben­frei.

Suche nach Sponsoren für die Renovierung

Ehe die neuen Maßnahmen anlaufen, müssen die alten Toiletten renoviert werden. Um endlich das nötige Geld zu bekommen, schmiedete die Schule einen Plan: Sie will die Klo-Kunst der Schülerinnen und Schüler in einer Aus­stellung präsentieren und dazu Bürger­meister, Schul­auf­sicht, Presse sowie Politikerinnen und Politiker einladen und auf den Renovierungs­bedarf aufmerksam machen. Parallel sucht die Schule nach Sponsoren und hofft zum Beispiel auf Material­spenden von Bau­märkten oder handwerkliche Unter­stützung von Betrieben in der Nachbarschaft.

Und falls dann auf den frisch renovierten Toiletten einmal eine Schülerin oder ein Schüler das Bedürfnis verspürt, sich an einer Toiletten­wand zu verewigen, ist das völlig in Ordnung: Jede der vier Schul­toiletten soll eine mit Spezial­folie beschichtete Wand bekommen, die sich beschreiben und ohne großen Aufwand wieder abwischen lässt.

Auf einen Blick

  • Die Heinrich-Neumann-Schule in Remscheid gehört zu den Siegern im Wett­bewerb „Toiletten machen Schule“ der German Toilet Organization.
  • Das Toiletten-Konzept der Schule soll nachhaltig zu einem verantwortungs­vollen Umgang mit den Schul­toiletten anregen.
  • Klo-Kunst-Projekte haben die Diskussion um Toiletten schulweit angeregt.
  • Toiletten-Paten, Toiletten-Dienste und Toiletten-Regeln sollen das Thema im Alltag verankern.
  • Jedes Jahr feiert die Schule gemeinsam den „Welt­toiletten­tag“.
  • Eine Toiletten-Ausstellung sowie Sponsoren­anfragen sollen dazu beitragen, Geld für die Toiletten­renovierung zu erhalten.