Debatte : Ist das Handyverbot an Schulen noch zeitgemäß?

Nichts Geringeres als eine digitale Bildungsrevolution hat die Bundesregierung angekündigt. Gehört das Handyverbot an Schulen damit auf den Scheiterhaufen der Geschichte? Oder benötigen Kinder gerade in einer digitalen Welt handyfreie Zonen? Diese Frage wird derzeit in allen Bundeländern heiß diskutiert. Wir greifen die Debatte auf und veröffentlichen verschiedene Standpunkte zu dem Thema. In diesem Beitrag bezieht Hildegard Bentele Position, die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion in Berlin. Ihre Fraktion sorgte kürzlich mit der Forderung nach einem generellen Handyverbot für junge Grundschüler für Schlagzeilen.

Kinder spielen mit dem Smartphone
Brauchen Kinder in einer digitalen Welt eine handyfreie Zone? Oder ist das Handyverbot an Schulen längst überholt? Diese Fragen werden derzeit heiß diskutiert.
©shutterstock

Berliner Grundschüler rangieren leider schon seit Jahren am unteren Ende der bundesweiten Skala, wenn es um die Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten geht, Viertklässler erreichen noch nicht mal durchgehend die Mindeststandards. Schuldistanz, Verhaltensauffälligkeiten, Mobbing und leider auch Gewalt sind an einer Vielzahl von Schulen gegenwärtig. Wirklich schockiert hat mich die Meldung, dass an einer Grundschule in der Pause unter den Schülern ein IS-Enthauptungsvideo kursierte.

Um diese Situation zu verbessern, braucht es ein ganzes Maßnahmenpaket. Pädagoginnen und Pädagogen rieten uns, hierbei auch die Frage des Medienkonsums im Auge zu behalten. Da das hohe Ablenkungs-, Überforderungs- und Suchtpotenzial von Smartphones selbst bei Erwachsenen bekannt ist, sprechen wir uns nach langem Abwägen gegen die Nutzung von Smartphones im Unterricht und in der Pause für Sechs- bis Neunjährige, also Grundschüler der ersten bis zur vierten Klasse, aus. So wie sich heutzutage fortgeschrittene Erwachsene bewusst smartphone-freie Zeiten („digital detox“) verordnen, so sollten wir unseren Kindern störungsfreie Lernzeit und Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ermöglichen.

Führende Entwickler und Ingenieure des Silicon Valley schicken ihre Kinder bewusst auf die alternative, nicht technikbasierte Waldorfschule in Los Altos.
Hildegard Bentele, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion in Berlin

Handyverbot: Viele Eltern reagieren positiv auf Empfehlung

Auf unseren Vorschlag bekamen wir viele positive Reaktionen, denn viele Eltern versuchen ohnehin aus guten Gründen, den Medienkonsum ihrer Kinder zeitlich oder inhaltlich zu limitieren. Warum sollte dieser Erziehungsansatz ausgerechnet von der Schule unterlaufen werden?

Viele weiterführende Schulen geben sich in einem demokratischen Prozess freiwillig Regeln für die Smartphone-Nutzung. Bill Gates übrigens hat seinen Kinder erst mit 14 Jahren Smartphones erlaubt und Steve Jobs seinen Kindern nicht das neue iPad. Führende Entwickler und Ingenieure des Silicon Valley schicken ihre Kinder bewusst auf die alternative, nicht technikbasierte Waldorfschule in Los Altos. Regelungen und Begrenzungen der Smartphone-Nutzung, um Konzentration und Kreativität zu fördern, sind also keine Erfindung der CDU, sondern gang und gäbe.

Handys sinnvoll einsetzen statt generelles Verbot

Ich bin weit davon entfernt, digitale Medien in der Grundschule zu verteufeln – sie sollten nur pädagogisch sinnvoll eingesetzt werden. So gibt es zum Beispiel für ältere Schüler Anwendungen, die insbesondere das personalisierte Lernen fördern können. Bisher konnte mir einfach noch niemand erklären, inwieweit Smartphones Grundschülern beim Lesen, Schreiben und Rechnen lernen helfen können. Und wenn es darum gehen soll, den kritischen Umgang mit Medien zu lernen, müsste es auch ausreichen, wenn der Lehrer dies an einem Gerät demonstriert.

Richtig kritisch sehe ich „BYOD“ („Bring Your Own Device“), bei dem Kinder ihre eigenen Geräte im Unterricht nutzen sollen, denn das erzeugt unheimlichen Druck auf die Eltern, ihren Kindern schon früh ein Smartphone mit Internetzugang zu kaufen. Außerdem sind die Lehrer mit den unterschiedlichen Geräten und Einstellungen oft überfordert, sodass letztlich doch kein sinnvoller Unterricht zustande kommt. Es gibt hier auch eine soziale Komponente zu beachten: Wenn in der Schule auf Grundlage eines gemeinsamen Beschlusses digitale Medien eingesetzt werden, dann sollten aus meiner Sicht alle Schüler die gleichen Ausgangsbedingungen haben. Das heißt, die Geräte sollten von der Schule, realistischerweise unter finanzieller Beteiligung der Eltern, beschafft werden.

Zur Person

©Bentele/Henning Schacht
  • Hildegard Bentele ist seit 2016 bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion in Berlin.
  • Seit November 2017 ist sie zusätzlich die Koordinatorin der Bildungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktionen der Länder.
  • Hildegard Bentele war für das Auswärtige Amt unter anderem in den Botschaften in Zagreb und Teheran tätig.
  • Weitere Informationen: www.hildegard-bentele.de

Diskutieren Sie mit!

Welche Haltung haben Sie zum Thema Handyverbot? Stört das Handy beim Lernen? Oder sollte es selbstverständlich auch im Unterricht zum Einsatz kommen? Schreiben Sie Ihre Meinung dazu in das Kommentarfeld.