Architektur : Das sind die wegweisenden Schulbauten Europas

Der Schulbau in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Insbesondere in Ballungsräumen steigen die Schülerzahlen. Viele neue Schulen müssen gebaut, vorhandene saniert oder erweitert werden. Wie eine zeitgemäße Architektur von Schulen aussehen kann, zeigt eine aktuelle Ausstellung in Berlin. Zwölf wegweisende Schulbauten in Europa werden dort präsentiert. Das Schulportal hat sich drei Beispiele genauer angesehen.

Zahlreiche Spielgeräte auf dem Schulhof laden die Schülerinnen und Schüler dazu ein, aktiv zu sein.
Die European School Copenhagen befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei.
©Adam Mørk

In Deutschland müssen viele neue Schulen gebaut werden, und dabei sollen die neuen Gebäude einer modernen Pädagogik entsprechen. Dazu gehört auch, dass die Schulgebäude mehr und mehr zum sozialen Raum und Treffpunkt innerhalb ihrer Umgebung werden. Wie könnte eine zeitgemäße Architektur von Schulen aussehen?

Die Architektin Beate Engelhorn hat sich in Europa nach beispielhaften und inspirierenden zeitgenössischen Schulbauten umgesehen. In einer Ausstellung in Berlin präsentiert sie zwölf Schulen, die wegweisend sind für die Umsetzung gegenwärtiger pädagogischer und städtebaulicher Modelle. „Jetzt werden dafür die Weichen gestellt“, sagt Engelhorn. Ziel ihrer Ausstellung sei es, beispielhafte Schulbauten zu zeigen, um Planerinnen und Planer, Architektinnen und Architekten zu inspirieren. „Es geht um die große Frage, wie Schule heute aussehen soll“, so Engelhorn. Alle Beteiligten müssten darüber nachdenken, welche Raumangebote Schule bieten sollte, wie Klassen- und Aufenthaltsbereiche gestaltet sein sollten und wie der Schulbau sich klug in den Stadtraum oder in die ländliche Umgebung integrieren könnte. Das Schulportal stellt drei besonders gelungene Beispiele der Ausstellung genauer vor.

Schule als Treffpunkt im Sozialraum

Der Musikunterricht findet im großen Foyer statt.
Das Eingangsfoyer der Brede Buurtschool O3 ist wie eine Tribüne angelegt, kann aber auch als gemeinschaftliches Auditorium genutzt werden.
©Luuk Kramer
Schulbau mit rotem Backstein: Das Gebäude ist eher unscheinbar.
Der rote Backsteinbau der Brede Buurtschool O3 in Den Haag sieht von außen eher unscheinbar aus.
©Luuk Kramer

Brede Buurtschool O3, Den Haag, fertiggestellt 2016: Das Gebäude nach Plänen des Architekturbüros „atelier PRO“ in Den Haag sieht von außen eher unscheinbar aus – ein roter Backsteinbau mit schmucklosen Fenstern. „Das Besondere an dieser Schule ist, dass sie nicht nur Unterrichtsräume hat, sondern auch viel Platz für eine öffentliche Nutzung bietet“, sagt Beate Engelhorn. Die Schule habe sich deshalb zu einem sozialen Treffpunkt für das gesamte Umfeld entwickelt. Zwischen Stadtzentrum und Hauptbahnhof gelegen, beherbergt das Gebäude neben der Grundschule auch eine Kindertagesstätte, eine Sozialhilfeeinrichtung, ein Ärzte- und Gemeinschaftszentrum sowie mehrere lokale Sportvereine. Es ist diese Mischung, die das Gebäude zu einem kulturellen Zentrum der Stadt gemacht hat.

Innerhalb des Gebäudes gibt es eine klare Trennung. Die Gemeinschaftseinrichtungen sind im östlichen Flügel untergebracht, die Unterrichtsräume auf der Westseite. Verbunden werden beide Teile durch einen großzügig gestalteten Eingangsbereich, der einladend wirkt und den öffentlichen Charakter des Bauwerks unterstreicht.

Alle Klassenzimmer sind durch Schiebetüren miteinander verbunden, um offene und flexible Unterrichtsangebote zu ermöglichen. Die Räume, die gemeinsam von der Schule und der Anwohnerschaft genutzt werden, sind für unterschiedliche Bedürfnisse konzipiert. Im Erdgeschoss gibt es zum Beispiel einen großen Saal, der sowohl als Indoor-Spielplatz als auch als Kampfsport-Arena verwendet wird. Das Eingangsfoyer ist wie eine Tribüne angelegt und dient als Treppenhaus, kann aber auch als gemeinschaftliches Auditorium genutzt werden. Eine wichtige Rolle in dem Konzept spielt die Gemeindeküche. Dort wird für die Schülerinnen und Schüler ebenso wie für Seniorinnen und Senioren aus der Nachbarschaft gekocht.

Treppenanlagen, die zum Lernen und Erholen einladen

Kinder spielen auf der Treppe und im Schulfoyer, gleichzeitig haben andere Raum zum Lernen und Arbeiten.
Die Treppenanlagen der European School Copenhagen bieten Raum zum Lernen und zum Erholen.
©Adam Mørk

European School Copenhagen, Kopenhagen, fertiggestellt 2018: Die European School Copenhagen liegt mitten im Stadtraum von Kopenhagen. Das gesamte Areal hat eine Größe von rund 33 Hektar. Die Schule befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei. Es gibt mehrere denkmalgeschützte Bestandsgebäude, aber auch neue Gebäude. Beate Engelhorn findet es beachtenswert, wie es den Bauexperten von den Büros NORD Architects und Vilhelm Lauritzen Architects in Kopenhagen gelungen ist, beide organisch miteinander zu verbinden. Auch die Neubauten sind aus Backstein, unterscheiden sich in ihrer Form allerdings von der Architektur der alten Gebäude.

Die Schule ist für Kinder vom Kindergartenalter an bis hin zum Gymnasium konzipiert. Höfe, Grünflächen und das Dach der Sporthalle sind sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für Menschen aus der Nachbarschaft frei begehbar. Die Mensa und eine große Sporthalle können für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Zwei große Treppenanlagen bilden den Kern des Areals. Über fünf Stockwerke hinweg verbinden sie alle Klassen und Altersgruppen und bieten sowohl Platz zum Erholen als auch Platz zum Lernen. Sämtliche Räume sind für ein offenes und flexibles Lernkonzept ausgelegt.

Fitnessstudio im Erdgeschoss und Garten auf der Dachterrasse

Warmes Orange steht im Kontrast zum kalten Betonbau der Schule.
Treppenhäuser und Dachgärten der Schule im Pariser Vorort Colombes stechen durch eine Farbgebung in Pink und Orange hervor.
©Eugenie Pons
Holz, Glas, Beton und bunte Farben: Dieser Schulbau ist ein Hingucker.
Das Gebäude nach den Entwürfen von Dominique Coulon & Associés wirkt sehr kompakt, ist aber durch verschieden große Höfe und Dachterrassen in unterschiedliche Zonen unterteilt.
©Eugenie Pons

Simone Veil‘s Group of Schools, Colombes, fertiggestellt 2015: Diese Schule hat etwas von einem bunten Vogel, findet Beate Engelhorn. Rot leuchtend steht das viergeschossige, fast quadratische Gebäude mitten in einem eher tristen Vorort von Paris. Treppenhäuser und Dachgärten stechen durch eine Farbgebung in Pink und Orange hervor. Für die Kinder, die in dieser Umgebung groß werden, sei das ein Anziehungspunkt, sagt die Architektin. Darüber hinaus hätte auch die Nachbarschaft diesen Ort angenommen.

Das Gebäude nach den Entwürfen von Dominique Coulon & Associés wirkt sehr kompakt, ist aber durch verschieden große Höfe und Dachterrassen in unterschiedliche Zonen unterteilt. So entstehen sehr verschiedene Räume, die sowohl für den Unterricht als auch als Treffpunkt für die Nachbarschaft dienen. Die öffentlich zugänglichen Bereiche wie Büros, eine Cafeteria, die Bibliothek, Spiel- und Bewegungsflächen, ein Weiterbildungszentrum und ein Fitnessstudio für Erwachsene sind im Erdgeschoss untergebracht. Vor- und Grundschule sowie Sporthalle und Mensa befinden sich in den oberen Etagen. Weitere Klassenräume gibt es auf dem Dachgeschoss, wo auch der Garten der Grundschule gelegen ist. Damit sich die Räume der Vor- und Grundschule deutlich voneinander absetzen, wurden sie unterschiedlich farbig gestaltet. Die Klassenzimmer der Vorschule sind weiß, die der Grundschule vor allem von Sichtbeton und Holz geprägt.

Mehr zum Thema

  • Die Ausstellung „Zukunft Schulbau: Europäische Beispiele zeitgemäßer Schularchitektur“ ist noch bis zum 8. August 2019 im Aedes Architecture Forum, Christinenstraße 18–19 in Berlin zu sehen.
  • Geöffnet ist die Ausstellung jeweils von Dienstag bis Freitag von 11 bis 18.30 Uhr und Sonntag bis Montag von 13 bis 17 Uhr.
  • Gezeigt werden zwölf Beispiele zeitgenössischer Schulbauten aus elf europäischen Ländern sowie eine historische Bibliothek mit Anschauungsmaterial von Schulbauten der vergangenen 100 Jahre. Außerdem gibt es informative Filme über die Aspekte des Schulbaus.