„Starke Schule“ : Erfolgsmodelle für die Berufsorientierung

Nach zehn erfolgreichen Jahren endet das Programm „Starke Schule“, das Schulen auszeichnet, die ihre Schülerinnen und Schüler besonders gut auf die Berufswelt vorbereiten. Insgesamt 450 Schulen wurden auf diese Weise für ihre Berufsorientierungskonzepte hervorgehoben. Zum Abschluss wurde der Erfahrungsschatz in einem Ideenband veröffentlicht und soll nun allen interessierten Schulen Inspiration sein.

Zwei Schüler arbeiten mit einem Pädagogen an einer Präsentation
Berufsorientierung steht in den "Starken Schulen" schon früh in verschiedenen Projekten auf dem Plan. Die Konzepte der ausgezeichneten Schulen wurden jetzt in einem Ideenband aufbereitet und veröffentlicht.
©Hertie-Stiftung

Statt Unterricht stehen an diesem Tag Vorstellungsgespräche auf dem Stundenplan der Fritz-Schumacher-Schule in Hamburg-Langenhorn. Um 9.30 Uhr kommen 20 Betriebe in die Schule und informieren über ihre Angebote. Zwei Tage lang haben die Schülerinnen und Schüler zuvor in einem Vorbereitungsworkshop an ihren Bewerbungsmappen gefeilt, Vorstellungsgespräche geprobt und über die angemessene Kleidung gesprochen. Sogar eine Fotografin kam in die Schule, um von den Jugendlichen Bewerbungsbilder zu machen. Die Schülerinnen und Schüler nehmen an diesem Vormittag an bis zu sieben Gesprächen teil. Und wenn alles gut geht, können sie am Ende des Schultages mit einem Praktikumsplatz oder sogar mit einem Ausbildungsplatz nach Hause gehen.

Mit Speed-Dating zum Ausbildungsvertrag

„Azubi-Speed-Dating“ nennt sich das Programm, das die Stadtteilschule in Hamburg-Langenhorn vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat. Ausbildungsbetriebe – darunter sowohl große Unternehmen als auch kleine Familienbetriebe – sind einen Vormittag lang in der Schule zu Gast und lernen in zehnminütigen Kurzgesprächen Schülerinnen und Schüler des zehnten Jahrgangs kennen, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind. Das Konzept hat Erfolg: Von den 30 Jugendlichen, die beim ersten „Azubi-Speed-Dating“ dabei waren, haben viele einen Praktikumsplatz ergattert, 13 von ihnen haben nach ihrem Schulabschluss sogar eine Ausbildung in den Betrieben begonnen, die sie wenige Monate zuvor in der Schule zum ersten Mal getroffen haben.

„Starke Schulen“ helfen jungen Menschen auf dem Weg in den Beruf

Es sind Ideen wie diese, die die Fritz-Schumacher-Schule zu einer „Starken Schule“ gemacht haben. „Starke Schule“ – so hieß der Wettbewerb und das dazugehörige Netzwerk für Schulen, die junge Menschen besonders erfolgreich beim Übergang ins Berufsleben unterstützt haben. So wie die Fritz-Schumacher-Schule: Sie legt einen besonderen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Berufsorientierung. Das beginnt schon bei den Jüngsten: Bereits ab der fünften Klasse arbeiten die Jungen und Mädchen in gut ausgestatteten Werkstätten. Ab der siebten Klasse gibt es zum Beispiel Praxisangebote wie „Mode und Design“, „Technik“ oder „Internationale Küche“ im Wahlpflichtbereich. Für die Jungen und Mädchen ab dem neunten Jahrgang gehören neben Betriebspraktika, Coaching-Programmen, der schuleigenen Messe „Betrieb und Schule“ und maßgeschneiderten Workshops sogar auch eine finanzielle Grundbildung und Schuldenberatung zum Programm. Für diese vorbildliche Arbeit im Bereich der Berufsorientierung ist die Fritz-Schumacher-Schule deshalb vor zwei Jahren als „Starke Schule“ ausgezeichnet worden.

Zehn Jahre „Starke Schule“ – Jubiläum und Abschied

Seit 2008 hat die Hertie-Stiftung gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Deutsche Bank Stiftung und den Bildungsministerien aller 16 Bundesländer im Zwei-Jahres-Rhythmus diese Auszeichnung vergeben – in einer ersten Runde zunächst auf Landesebene, in einer zweiten Runde hat die Jury dann zehn Bundessieger gesucht. Rund 4.200 Schulen hatten sich in den vergangenen zehn Jahren an dem Wettbewerb beteiligt, mehr als 100 Jurorinnen und Juroren haben über 450 Schulen zu Siegerschulen gekürt – das Programm „Starke Schule“ erzählt eine echte Erfolgsgeschichte.

Dennoch war die Hamburger Fritz-Schumacher-Schule eine der letzten Schulen, die ausgezeichnet wurden: Der Dezember 2018 bedeutete das zehnjährige Jubiläum für den Schulwettbewerb – und zugleich dessen Ende. Denn ein Jahr zuvor hatte der Vorstand der Hertie-Stiftung beschlossen, das erfolgreiche Programm einzustellen. „Vieles von dem, was wir bewegen wollten, ist heute in den Schulen angekommen. Für uns ist es an der Zeit, neue Impulse zu setzen. Deshalb haben wir uns entschieden, das Programm Ende des Jahres 2018 zu beenden“, erklärte Kaija Landsberg, Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung, in der abschließenden Publikation „Schulen machen Schule. Ein Blick zurück und viele Impulse für die Zukunft“. Darin ergänzt Frank-Jürgen Weise, Vorstandsvorsitzender der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung: „Viele der von ,Starke Schule‘ angestoßenen Themen sind heute Standard im Schulbetrieb.“

Das Ende schafft Raum für Neues

Das Aus für „Starke Schule“ soll aber kein endgültiger Schlussstrich sein: Für die Fritz-Schumacher-Schulen und die vielen anderen Leuchtturmschulen geht es weiter – so wie die Auszeichnung selbst eigentlich auch erst ein Anfang war. Denn mit dieser Auszeichnung wurden die Siegerschulen in das Netzwerk „Starke Schule“ aufgenommen – die Schulen konnten sich fortbilden, austauschen, einander kennenlernen, Impulse setzen und Best-Practice-Beispiele teilen. Künftig soll das Netzwerk in anderer Form erhalten bleiben, damit die Schulen sich auch in Zukunft gemeinsam weiterentwickeln können. Dafür wurde das Netzwerk in das übergeordnete Alumni-Programm der Hertie-Stiftung, „fellows & friends“, integriert.

Nachmachen erwünscht

Schulen, die im Bereich Berufsorientierung Entwicklungsbedarf haben, können sich von den Siegerschulen inspirieren lassen. Sie haben ihre Konzepte, die sich als besonders wirkungsvoll erwiesen haben und ohne großen Aufwand realisieren lassen, in der Publikation „Schulen machen Schule“ veröffentlicht – das „Azubi-Speed-Dating“ der Fritz-Schumacher-Schule ist nur ein Beispiel von vielen.

Auf einen Blick