Bericht einer Schülerin : Abiturvorbereitung trotz Coronavirus

In Deutschland werden immer mehr Schulen geschlossen. Viele Experten und Politiker empfehlen sogar eine flächendeckende Schulschließung. In Italien ist die bereits vor einer Woche erfolgt. Eine Schülerin aus Mailand erzählt dem Schulportal, wie sie mit dieser Situation umgeht und wie sie sich jetzt auf ihr Abitur vorbereitet.

Dom von Mailand
Die sonst so belebte Piazza del Duomo in Mailand ist zurzeit wie leergefegt. Nicht nur das öffentliche Leben ist fast ganz zum Stillstand gekommen, auch alle Schulen des Landes sind geschlossen.
©Foto: Luca Bruno/AP/dpa

Eigentlich wollte Elise mit ihrem kleinen Bruder nur für eine Woche in den Ferien von Mailand zu ihrem Vater in die Schweiz fahren. Doch jetzt sitzt die Abiturientin dort für unbestimmte Zeit fest und weiß nicht, wann sie wieder ihre Schule in Mailand besuchen kann. Die Familie der 17-jährigen Deutschfranzösin ist vor zwei Jahren von Berlin nach Mailand gezogen. Dort besucht sie die französische Auslandsschule, das Lycée Stendhal, und will dort im Sommer das Abitur machen. Doch, wie überall in Italien, sind die Schulen im ganzen Land wegen des Coronavirus bis mindestens einschließlich 5. April geschlossen. Dem Schulportal hat Elise erzählt, wie sie mit dieser Situation umgeht und wie sie sich trotzdem auf ihr Abitur vorbereitet.

Porträt von Elise
Elise geht eigentlich in Mailand zur Schule, aber jetzt hat ihre Schule geschlossen und die Abiturientin muss sich durch Online-Unterricht auf das Abitur vorbereiten.
©privat

„Am liebsten würde ich jetzt in die Schule gehen und mich auf mein Abitur vorbereiten, aber das geht ja nicht. Die Situation ist wirklich nicht einfach. Am 23. Februar war ich zum letzten Mal in der Schule, es war der letzte Schultag vor den Ferien. In der französischen Schule sind um diese Zeit immer zwei Wochen Ferien. Als ich an dem Tag aus der Schule kam, hätte ich nie gedacht, dass ich die nächsten Wochen nicht mehr dort sein werde.

Mit dem Beginn der Ferien kamen die ersten Meldungen über Coronafälle in der Region und ich war eigentlich ganz froh, dass ich am Samstag mit meinem Bruder zu meinem Vater in die Schweiz gefahren bin. Eine Woche hatten wir sowieso geplant, die zweite Ferienwoche wollte ich wieder zu Hause in Mailand verbringen. Aber dann kam alles anders.

Meine Mutter hat mich angerufen und mir gesagt, wir könnten jetzt nicht kommen. Sie hatte auch Angst, dass wir uns irgendwo anstecken könnten. Und jetzt ist alles abgeriegelt. Inzwischen darf man nur zum Einkaufen raus, und in die Läden dürfen auch nur ganz wenige Menschen. Irgendwie gespenstisch. Wir kommen auch gar nicht mehr zurück, selbst wenn wir wollten. Der Flugverkehr ist komplett eingestellt, und Züge fahren auch nicht mehr nach Italien.

Zuerst wusste keiner, wie es nach der Schulschließung weitergeht

Natürlich habe ich auch nicht meine Schulsachen mitgenommen. Die brauche ich aber jetzt, weil ich ja fürs Abitur lernen muss. Als verkündet wurde, dass die Schulen auf jeden Fall bis zum 5. April zu bleiben, hat meine Mutter mir nun alle Sachen per Post geschickt. In die Schweiz hätte das zu lange gedauert, darum hat sie die Bücher nach Frankreich geschickt zu Freunden, die nahe an der schweizerischen Grenze wohnen. Dort holen wir sie dann ab.

Ich brauche die Schulsachen auch, weil seit Montag (9. März) ja die Ferien vorbei sind. Wie es dann weitergeht, wusste erst keiner, das war ein Hin und Her. Erst am Sonntagabend haben wir per Mail die Nachricht bekommen, dass wir jetzt online Unterricht haben. Zum Teil gibt es auch Unterricht per Video. Wir bekommen jetzt von den Lehrern Aufgaben und müssen die auch wieder zurückschicken. Die müssen uns ja irgendwie bewerten. Die Lehrer sind dabei sehr unterschiedlich: Meine Englischlehrerin hat gleich einen Wochenplan geschickt, mein Philosophielehrer meldet sich immer erst morgens und schreibt, was wir machen sollen. Es gibt auch Empfehlungen, wie wir arbeiten sollen und wie wir unseren Tag strukturieren können. Wenn wir Fragen haben, schreiben wir unseren Lehrern, die Kommunikation läuft eigentlich ganz gut.

Nicht jeder kommt mit dem Online-Unterricht zurecht

Ich komme mit dem Online-Unterricht ganz gut zurecht. Zumindest jetzt in den ersten Tagen. Ich weiß aber nicht, wie das ist, wenn ich das so über viele Wochen machen muss. An der französischen Schule ist es ja anders als in Deutschland. Wir haben bis Juni noch ganz normal Schule, das ist das dritte Trimester, und dann kommen erst die Abiturprüfungen. Aber ich habe auch Freunde, die damit jetzt schon nicht gut zurechtkommen und Panik haben, dass sie sich nicht richtig auf die Abiturprüfungen vorbereiten können.

Eigentlich müssten wir auch schon unser Zeugnis vom zweiten Trimester bekommen haben. Das ist wichtig, denn mit dem müssen wir uns an den französischen Universitäten bewerben. Die Frist geht nur bis 3. April. Da haben wir sowieso nicht viel Zeit, und nun werden wir das Zeugnis wohl erst nächste Woche bekommen, weil die Klassenkonferenzen nicht rechtzeitig stattfinden konnten. Ich würde gerne Jura studieren, aber ich weiß noch nicht, ob in Frankreich oder in Deutschland.

Am schlimmsten finde ich, dass ich keinen Austausch habe.

Angst, dass ich wegen des Coronavirus und der Schulschließung jetzt nicht im Herbst mit dem Studium anfangen kann, habe ich eigentlich nicht. Denn ich denke mir, das gibt dann ja nicht nur in Italien Probleme und Verzögerungen. In Frankreich und Deutschland wird die Lage doch auch immer schlimmer. Und auch in der Schweiz gibt es schon ganz viele Fälle. Da werden bestimmt auch bald die Schulen geschlossen.

Am schlimmsten an der Schulschließung finde ich, dass ich jetzt so wenig Austausch habe. Natürlich telefoniere und schreibe ich viel mit meinen Freunden. Aber das ist schon etwas Anderes, als wenn ich in der Schule oder draußen alle treffen würde. Es ist wirklich nicht so leicht, diese Situation auszuhalten und nicht zu wissen, wie lange das alles noch so geht.“

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