Konzept

Außerschulische Lernorte : Erlebnispädagogik: Wald erleben und erleben lassen

Aufbauend auf einer mehrtägigen Selbsterfahrung mit Übernachtung im Wald konzipieren angehende Erzieherinnen und Erzieher einen Walderlebnistag. Anschließend geben sie ihre Erfahrungen im Rahmen eines selbstgestalteten „Fachtags für handlungsorientiertes Lernen“ an andere Fachkräfte weiter.

11. März 2019 Aktualisiert am 04. Februar 2022

Angehende Erzieherinnen und Erzieher sammeln beim Waldprojekt neue Erfahrungen in der Natur, die sie später in ihrer Arbeit weitergeben können.

Die Private Fachschule für Wirtschaft und Soziales

Ort: Suhl, Thüringen
Schulform: Staatlich anerkannte berufsbildende Schule
Zahl der Schülerinnen und Schüler: ca. 400
Zahl der Lehrerinnen und Lehrer: 39
Ansprechpersonen: Sylvia Conrad (Schulleiterin und Lehrerin für Regionalpädagogik und Mathematik/Naturwissenschaften)/ Jens Büttner (Lehrer für Erlebnispädagogik, Spielpädagogik und Darstellendes Spiel)
Kontakt: suhl@fswiso.de
Schulpreis im Jahr: 2013
Schul-Porträt: https://www.deutscher-schulpreis.de/preistraeger/private-fachschule-fuer-wirtschaft-und-soziales-erfurt/portraet

An der Privaten Fachschule für Wirtschaft und Soziales in Suhl erleben angehende Erzieherinnen und Erzieher den Wald mit seinem pädagogischen Potenzial als Spiel-, Lern- und Lebensraum. Aufbauend auf einer Hospitation in einem Waldkindergarten unternehmen die Fachschülerinnen und -schüler eine dreitägige Exkursion mit zwei Übernachtungen in einer Selbstversorgerhütte im Biosphärenreservat Thüringer Wald. Auf Basis der dabei gemachten Erfahrungen konzipieren und organisieren sie anschließend einen eigenständig durchgeführten Walderlebnistag für Kindergärten und Grundschulen der Region. Mit einem „Fachtag für handlungsorientiertes Lernen“ geben sie ihre Erfahrungen theoretisch fundiert an andere pädagogische Fachkräfte weiter. Der Projektzeitraum umfasst insgesamt acht Tage.

Uns ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler den Thüringer Wald als die Region, aus der sie herkommen, kennenlernen und erleben. Die Freude, die sie dabei empfinden, können sie dann später in ihrem Beruf weitergeben.

Jens Büttner, Lehrer für Erlebnispädagogik, Spielpädagogik und darstellendes Spiel

Eine Besonderheit des Konzeptes besteht in der dreifachen Öffnung der Schule: Die Schülerinnen und Schüler verlassen ihre gewohnte Lernumgebung, um sich an anregenden außerschulischen Lernorten zu erproben. Die Schule öffnet sich für Kooperationen mit nichtschulischen Partnern, darunter das Biosphärenreservat Vessertal/Thüringer Wald, die Stadt Suhl, der Verein ELAN e.V., zwei Partnerschulen und zwei Partnerkindergärten. Und schließlich wendet sich die Schule mit einem Fachtag an andere pädagogische Fachkräfte. Weitere Besonderheiten des Konzeptes bestehen in der unmittelbaren Abfolge von Selbsterfahrung und eigenem Lernen, Anwendung und Erprobung der neuen Fähigkeiten bis zur Weitergabe der Erfahrungen an andere pädagogische Fachkräfte.

Die Ausgangslage

Die Lehrkräfte der Fachschule beobachteten, dass die meisten ihrer Schülerinnen und Schüler zu Beginn ihrer Ausbildung keine emotionale Bindung zu Wald oder Natur hatten. Viele äußerten sogar Angst, was dazu führte, dass sie Waldbesuche und generell den Kontakt zur Natur vermieden. Da die Schülerinnen und Schüler in ihrer späteren pädagogischen Tätigkeit diese Einstellung an Kinder und Jugendliche weitergeben würden, wollte die Schule handeln.

Der berufliche Quereinstieg einer bisher im Bereich der Erlebnispädagogik tätigen Lehrkraft eröffnete die Chance, das Konzept des Waldprojektes zu entwickeln und umzusetzen. Im Sommer 2006 wurde das Projekt erstmalig durchgeführt und 2012 in das übergeordnete Konzept des Wahlbereiches Erlebnis- und Regionalpädagogik eingepasst.

Ziele und Auswirkungen

Während eines Beobachtungstages in einem Waldkindergarten erleben die Schülerinnen und Schüler zunächst den kreativen Umgang von Kindern mit Naturmaterialien. In einem nächsten Schritt erleben die Schülerinnen und Schüler verschiedene Biotope mit allen Sinnen, ordnen ihre Erlebnisse in ihre bisherigen Erfahrungen ein und erweitern ihr Wissen über Großschutzgebiete am Beispiel des Biosphärenreservates Thüringer Wald. Dabei entdecken die Schülerinnen und Schüler Spuren traditioneller und aktueller Nutzungsformen im Wald und gewinnen so Einblicke in ökologische Zusammenhänge. Die angehenden Erzieherinnen und Erzieher empfinden Wertschätzung für ihr Umfeld und sind in der Lage, dieses Wissen in ihrer praktischen Arbeit mit Kindern anzuwenden.

Für den Aktionstag reflektieren die Schülerinnen und Schüler ihr pädagogisches Handeln, untermauern es theoretisch und bereiten eine zielgruppenspezifische Präsentation für pädagogische Fachkräfte vor.

Das Waldprojekt soll den angehenden Erzieherinnen und Erziehern spannende und zugleich freudvolle Erlebnisse in und mit der Natur ermöglichen. Die eigenverantwortliche Organisation der Versorgung im Wald und die regelmäßige Reflexion des Erlebten führen dazu, eigene Grenzen zu erkennen und zu erweitern und Verantwortung für sich und die Gruppe zu übernehmen. Darauf aufbauend erwerben die Fachschülerinnen und -schüler berufliche Handlungskompetenzen, um die Natur auf vielfältige Art in die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einzubeziehen.

Hinweise zur Umsetzung

Bei der Umsetzung hat es sich in Suhl bewährt, das Waldprojekt in einem kleinen Team aus zwei bis vier Personen durchzuführen. Das Waldprojekt, das zusätzlich zu den schon vorhandenen Herausforderungen gestemmt werden muss, sollte machbar sein und zu sichtbaren Erfolgen führen.

Die Schulleitung sollte bereit sein, Risiken einzugehen und Freiräume zu gewähren. Dabei sollte die Schulleitung im Sinne des Qualitätsmanagements bei der Konzeptentwicklung sowie dessen Erprobung, Evaluation und Veränderung eingebunden werden. Außerschulischer Lernorte sind mit Zusatzkosten verbunden, die so gering wie möglich gehalten und langfristig angekündigt werden sollten. Dabei sollten sozial schwächere Schülerinnen und Schüler bei der Finanzierung unterstützt werden.

Eine Geschichte aus der Praxis

Nach anfänglicher Angst vor dem Wald und vor dem langen „Draußensein“ geben die Schülerinnen und Schüler nach dem Waldprojekt häufig ein positives Feedback. „Es war so schön im Wald“, heißt es dann oft. Und: „Können wir nicht ein paar Tage länger bleiben?“

Materialien

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Auf der dreitägigen Exkursion geht es darum, den Wald mit seinem pädagogischen Potenzial als Spiel-, Lern- und Lebensraum zu entdecken.
©Lars Rettberg (Die Deutsche Schulakademie)

Die zukünftigen Erzieherinnen und Erzieher sammeln neue Erfahrungen und bauen eine emotionale Bindung zur Natur auf.
©Lars Rettberg (Die Deutsche Schulakademie)

Anfassen erwünscht: durch Ertasten raten die Schüler, um welchen Waldgegenstand es sich handelt. Dieses Spiel können sie auch später in ihrer Arbeit einsetzen.
©Lars Rettberg (Die Deutsche Schulakademie)

Bei der Orientierung im Wald sind die Schülerinnen und Schüler auf sich selbst gestellt. Nicht so einfach ohne Google Maps.
©Lars Rettberg (Die Deutsche Schulakademie)

Auch das Übernachten im Wald ist für viele ein völlig neues Erlebnis und durchaus mit Ängsten verbunden.
©Lars Rettberg (Die Deutsche Schulakademie)

Aktivitäten bei Nacht sorgen dafür Ängste abzubauen.
©Lars Rettberg (Die Deutsche Schulakademie)

Wir bedanken uns herzlich bei der Privaten Fachschule für Wirtschaft und Soziales Suhl.
Die Schule gehört zum Preisträgernetzwerk des Deutschen Schulpreises.

Materialien

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