Demokratiebildung : Schule mitgestalten im Kinderparlament
Vertrauen und Verantwortung werden an der Grundschule Gau-Odernheim großgeschrieben. Die Schüler und Schülerinnen entscheiden im Kinderparlament über wichtige Fragen der Schulentwicklung mit und gestalten ihre Lernwege weitgehend selbstbestimmt.
In der Grundschule Gau-Odernheim gibt es bereits seit einigen Jahren eine wichtige Einrichtung: das Kinderparlament. Wichtige Abstimmungen zu organisieren gehört genauso zu den Aufgaben des gewählten Parlaments, wie das Sammeln kreativer Ideen.
Das Konzept
Vor etwa zehn Jahren beschloss die Grundschule Gau-Odernheim eine grundlegende Reform, die über jahrgangsgemischtes Lernen und rhythmisierten Ganztagsunterricht noch hinausgehen sollte. Ausgangspunkt war die Überlegung, dass unsere Gesellschaft Menschen braucht, die mitdenken können und mitgestalten wollen. Es bestand die Überzeugung, dass eine Schule, die nach althergebrachten Mustern funktioniert, diese Fähigkeiten nicht fördert.
Drei Ziele standen bei der Reform im Vordergrund: Die Schülerinnen und Schüler sollten künftig Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen, indem sie den Unterrichtsalltag und ihre Lernwege mitgestalten. Zum zweiten sollte sichergestellt sein, dass die Themen der Kinder bei den Lehrkräften Gehör finden und drittens sollte die Schule zu einem Ort werden, an dem sich alle wohl fühlen. Um diese Ziele zu erreichen, wurde zunächst der Unterricht immer stärker geöffnet und den Schülerinnen und Schüler nach und nach mehr Verantwortung übertragen. Die Schule führte neben den Gremien Klassenrat, Kinderparlament und Arena eine tägliche I-Learn-Zeit für selbstbestimmtes Lernen ein. Eine Forscherzeit sowie regelmäßige individuelle Lernentwicklungs- und Zielgespräche kamen hinzu.
Jede Lerngruppe kommt einmal in der Woche zu einem Klassenrat zusammen, den die Schülerinnen und Schüler im Wechsel selbst leiten. Dort werden wichtige aktuelle Fragen besprochen, außerdem über Ideen für die eigene Klasse oder auch die ganze Schule beraten. Zwei gewählte Vertreterinnen und Vertreter tragen diese Ideen in das Kinderparlament (KiPa), das alle vier bis sechs Wochen tagt. Aus dem Kinderparlament kommen auch Themen zur Diskussion und Abstimmung in die Klassen zurück. Schulleitung und Kollegium nehmen sich aller von den Kindern beschlossenen Ideen an und prüfen sie auf ihre Umsetzbarkeit. Etwa alle sechs Wochen findet in der Turnhalle eine Vollversammlung aller Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte statt, genannt Arena. Hier werden wichtige Entscheidungen bekannt gegeben, außerdem besteht für die Kinder die Gelegenheit, zu zeigen, womit sie sich in ihrer Freizeit beschäftigen und dabei ihre Stärken präsentieren. Dann musizieren die Kinder vor der gesamten Schule, führen Theaterstücke auf, lesen selbstverfasste Geschichten vor oder demonstrieren ihren Lieblingssport. Die Teilnahme am Programm der Arena steht allen offen und erfolgt durch den Eintrag in eine vorab ausliegende Liste.
Mitbestimmung findet an der Schule jedoch nicht nur in den verschiedenen Gremien, sondern auch im Unterrichtsalltag statt. So wurde die I-Learn-Zeit entwickelt, in der jedes Kind seinen individuellen Lernweg mit plant und mitgestaltet, sich eigene Forscherthemen sucht und vielfältige Zugänge zum Lernen nutzt. Die I-lern-Zeit startet täglich nach dem offenen Anfang (7:45 Uhr) um 8.00 Uhr und geht bis 9:30 Uhr. Die Ganztagsklassen weiten die Zeit teilweise bis 11:00 Uhr aus. Alle 14 Tage berichten die Kinder einer Lehrkraft in einem 15- bis 20minütigen Lernentwicklungsgespräch anhand ihres Logbuchs, welche Aufgaben sie bearbeitet haben und besprechen die nächsten Lernschritte.
In der Forscherzeit beschäftigen sich die Kinder mit selbstgewählten Themen, wie zum Beispiel dem Periodensystem oder der Lebensweise von Hasen, und fertigen dazu eine Präsentation an. Pro Jahr forscht jedes Kind zu fünf bis zehn Themen. Zu Beginn jeder Forschungsarbeit erfolgt ein Zielgespräch mit der Lehrkraft, in dem mit dem Kind erörtert wird, was das konkrete Ziel ist, wie viel Zeit für die Arbeit einzuplanen ist und welche Hilfsmittel benötigt werden. Auf Basis dieses Gespräches und der Präsentation kann später eine Leistungsbewertung erfolgen.