Zusammenarbeit in Teams : Mit einem starken Team den Unterricht voranbringen
Die Gesamtschule Körnerplatz in Duisburg startete unter schwierigsten Bedingungen in die Corona-Krise: In der Schule gab es kein WLAN. Die wenigsten Schülerinnen und Schüler hatten digitale Endgeräte. In vielen Familien wird kein Deutsch gesprochen. Die Schule leidet extrem unter dem Lehrermangel. Trotz dieser Herausforderungen hat es die Schule mit ihrem starken Teamgeist und viel Engagement geschafft, kein Kind zu verlieren und ihr Unterrichtskonzept digital weiterzuentwickeln.
Das Konzept
Basis der Schul- und Unterrichtsentwicklung an der Gesamtschule Körnerplatz (vormals: Sekundarschule Rheinhausen) ist die Kollaboration. Auf dieser Basis arbeitet das Kollegium und lernen auch die Schülerinnen und Schüler. „Bildung und Lernen kann nur dann gelingen, wenn die Beteiligten gute, nahe und vor allem solidarische Beziehungen ausbilden“, so die Schulleiterin Martina Zilla Seifert.
Das Kollegium steht immer in engem Austausch – bei der Unterrichtsentwicklung, bei schulinternen Fortbildungen oder bei der Ausbildung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern. Sie machen etwa die Hälfte des Kollegiums aus, weil die Schule vom Lehrermangel stark betroffen ist.
Das Teammodell der Schule hat auch wesentlich dabei geholfen, die Herausforderungen der Corona-Krise zu bewältigen. Für die einzelnen Jahrgänge gibt es an der Gesamtschule Körnerplatz multiprofessionelle Teams und feste Teamsitzungen. Diese unterscheiden sich je nach Jahrgang in Umfang und Schwerpunkten. Die „Teamstunden“ der Kolleginnen und Kollegen werden im Stundendeputat angerechnet, sodass innerhalb des Teams vom Arbeitsumfang her keine Ungerechtigkeiten entstehen. Die Schule sieht dies als wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der Teamarbeit. Oft würden die Lehrkräfte für ihre Arbeit im Team nämlich nicht „bezahlt“.
Jede Teamsitzung beginnt mit einer Warm-up-Phase – das galt auch für die digitalen Teamsitzungen. Das kann zum Beispiel eine überraschende Frage sein, zu der jeder etwas einbringen kann – ganz gleich, ob er schon lange oder erst seit Kurzem zum Kollegium gehört. Gegenseitige Hospitationen und eine ausgeprägte Feedbackkultur fördern den Blick füreinander und erweitern zugleich den eigenen Horizont.
Wichtig ist der Schule, dass sich alle als „Teil eines großen Ganzen“ verstehen, wie es eine Quereinsteigerin beschreibt. Nicht zuletzt wegen ihres ausgeprägten Teamgeists ist die Gesamtschule Körnerplatz Referenzschule für den Bereich Teamentwicklungsprozesse der Qualitäts- und Unterstützungs-Agentur des Landesinstituts für Schule des Landes Nordrhein-Westfalen (Qua-LiS NRW).
Lernen nach den Prinzipien von Norm und Kathy Green
Auch das Unterrichtskonzept an der Gesamtschule Körnerplatz basiert auf dem Lernen in Kooperation. Dieses vom Team gemeinsam entwickelte Konzept gab allen auch während der Schulschließungen eine stabile Lernsituation. Beim kooperativen Lernen orientiert sich die Schule am Konzept von Norm und Kathy Green. Der Kanadier Norm Green hatte Ende der 80er-Jahre aus dem Bezirk Durham, dem Schlusslicht im kanadischen Bildungs-Ranking, den „innovativsten Schulbezirk der Welt gemacht“, so die Bertelsmann Stiftung damals. Geschafft hatte er dies mit einer Lernstruktur, die auf die Zusammenarbeit in Kleingruppen setzt. Die Gruppenmitglieder lernen, wie sie am besten gemeinsam zum Ziel kommen, wie wichtig eine gute Kommunikation ist, wie sie sich gegenseitig unterstützen und Verantwortung übernehmen können. 2002 startete Norm Green dann gemeinsam mit seiner Frau Kathy in Mönchengladbach das erste deutsche Regionalprojekt, mit dem er den „Durham-Prozess“ auf die deutschen Verhältnisse übertragen wollte.
Das Konzept von Norm Green hat die Gesamtschule Körnerplatz an die Bedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler angepasst und drei Aspekte des Lernens herausgestellt: kooperatives Lernen, projektorientiertes Lernen – ein Tag in der Woche ist ein reiner Projekttag – und interkulturelles Lernen über Theater- und Musikprojekte, die auch vom Kooperationspartner, der internationalen Kinder- und Jugendbühne „Bahtalo“, umgesetzt werden.
Ziel der Schule in der Corona-Krise war, dieses Konzept in den digitalen Raum zu übertragen. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass die Schule vor der Pandemie überhaupt nicht mit digitalen Medien gearbeitet hatte und dafür auch gar nicht ausgestattet war.
In kürzester Zeit musste sie viel in Gang bringen: Am Freitag, den 13. März wurden die Schulschließungen beschlossen. Am Montag bereits hatte das Admin-Team, das für IT und Digitales zuständig ist, die Lernplattform „IServ“ aktiviert und das Kollegium im Umgang mit der Plattform geschult. Erste Lernmaterialien standen schon nach drei Tagen zur Verfügung.
Am ersten Tag der Schulschließungen hat das Team feste Kommunikationsstrukturen vereinbart
Gemeinsam haben die Lehrkräfte in den folgenden Wochen digitale Lernangebote entwickelt, die auf die Bedürfnisse der Schülerschaft abgestimmt waren. Dabei haben sie erst mal diskutiert, welche Kriterien die Formate erfüllen müssen. Wichtig war vor allem die Einrichtung von „Breakout Rooms“ auf der Lernplattform, digitalen Räumen also, in denen die Schülerinnen und Schüler auch in der Distanz in Kleingruppen zusammenarbeiten können.
Am ersten Tag der Schulschließungen wurden im Kollegium außerdem verbindliche Kommunikationsstrukturen vereinbart. Das Team traf sich zweimal in der Woche per Videokonferenz. Die Kontinuität war wichtig, um allen Halt zu geben und Unsicherheiten in der neuen Situation abzubauen. Außerdem wurde ein fester Rahmen vereinbart, wie und wie oft sich die Klassenleitung bei Schülerinnen und Schülern meldet und wie die Gespräche geführt werden. Dafür wurde ein eigener Gesprächsbogen entwickelt.
Oberstes Ziel der Schule war, während der Schulschließungen den direkten Kontakt zu allen Schülerinnen und Schülern zu halten. Anfangs hatte die Klassenleitung bis zu dreimal in der Woche mit jedem Kind telefoniert. Später lief der Kontakt vor allem über Video. In den Gesprächen ging es erst mal darum, zu erfahren, wie es den Schülerinnen und Schülern in der Pandemie-Situation geht und wie ihr Lerntag zu Hause aussieht. So haben die Lehrerinnen und Lehrer immer wieder im Team die Aufgaben an die individuellen Interessen und Bedürfnisse sowie die individuellen digitalen Voraussetzungen jeder und jedes Einzelnen angepasst.
Wenn die Schulleiterin zurückblickt auf das vergangene Jahr und die Herausforderungen, denen sich die Gesamtschule Körnerplatz in der Corona-Pandemie gestellt hat, sagt sie: „Das war eine Mammutaufgabe – eine sehr emotionale Aufgabe.“
Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema
Im Forschungsmonitor Schule werden wissenschaftliche Studien für Schulpraktikerinnen und Schulpraktiker knapp zusammengefasst und kommentiert.

Ausgewählte Studienrezensionen zum Thema Kooperation angesichts schulischer Herausforderungen:

Das Konzept der Schule basiert auf den Teamstrukturen im Kollegium. Im Tagesablauf sind Teamzeiten für die Lehrerinnen und Lehrer fest verankert. Dadurch wird die Kooperation zwischen den Lehrkräften gestärkt. Schulleiterin Martina Zilla Seifert erklärt im Gespräch mit dem Schulportal, wie das Modell der Teamzeiten funktioniert.
Präsentation beim Digitalen Impuls der Deutschen Schulakademie am 27. April 2021.
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Die Gesamtschule Körnerplatz ist Preisträger des Deutschen Schulpreises 20|21 Spezial. Mit dem Deutschen Schulpreis 20|21 Spezial zeichnen die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung zukunftsweisende Konzepte aus, die Schulen in der Corona-Krise entwickelt oder weiterentwickelt haben und die das Potenzial haben, das Lernen und Lehren langfristig zu verbessern. Alle Konzepte der Bewerberschulen sehen Sie hier.