Lehrer-Umfrage : Elternarbeit ist eine der größten Herausforderungen
Jede fünfte Lehrkraft nennt in einer Forsa-Umfrage die Zusammenarbeit mit Eltern als eine der größten Herausforderungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung. Zudem sieht laut Umfrage die Hälfte der Lehrkräfte Probleme beim Einsatz von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern an ihren Schulen.
Neben dem Lehrermangel und der Inklusion gehört die Zusammenarbeit mit den Eltern der Schülerinnen und Schüler derzeit zu den größten Herausforderungen für die Lehrerinnen und Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung. Insgesamt wurden von Mitte November bis Mitte Dezember 2018 bundesweit 1.001 Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen befragt.
Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung, sagte dazu dem Deutschen Schulportal: „Beim Deutschen Schulpreis stellen Bewerberschulen eine individuelle Herausforderung in den Fokus ihrer Bewerbung. Das kann eine gesellschaftliche, lokale oder pädagogische Herausforderung sein, auf die die Schule Antworten gefunden hat. Mit der Forsa-Umfrage wollten wir nun erstmals repräsentative Aussagen dazu bekommen, worin Lehrkräfte allgemeinbildender Schulen die größten Herausforderungen für ihre Schule sehen, unabhängig davon, ob die Schule bereits Wege gefunden hat, mit diesen umzugehen.“
Besonders an Grundschulen sind Schwierigkeiten mit den Eltern groß
Zu Beginn wurden die Lehrkräfte offen und ohne jede Vorgabe befragt, welches zurzeit die größten Herausforderungen an ihrer Schule sind. Am häufigsten nannten die Befragten mit 30 Prozent das Problem des Lehrermangels. Das Verhalten der Schülerinnen und Schüler gaben 23 Prozent der Lehrkräfte als eine der größten Herausforderung an, gefolgt von der Inklusion (22 Prozent).
Für 21 Prozent der befragten Lehrkräfte gehört auch die Kommunikation und Kooperation mit den Eltern zu den größten Herausforderungen an ihrer Schule. Am schwierigsten ist der Einfluss der Eltern offenbar für die Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen. Jede dritte Lehrkraft dort sieht darin eine besonders große Herausforderung. An den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I sind es 20 Prozent. Seltener, mit nur 15 Prozent, werden die Eltern von den Lehrkräften am Gymnasium unter den „größten Herausforderungen“ benannt. Auch die Probleme, die sich aus dem Lehrermangel und der Inklusion ergeben, werden an Grundschulen deutlich häufiger genannt als an den Gymnasien.
Zwischen Helikoptereltern und Eltern, die den Kontakt zur Schule ablehnen
Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, ist wenig überrascht, dass neben Lehrermangel und Inklusion die Eltern weit oben stehen bei den Benennungen der größten Herausforderungen für Lehrkräfte. Erfolgreiche Bildungsarbeit sei eng verknüpft mit einer funktionierenden Erziehungspartnerschaft zwischen Elternhaus und Schule. „Wenn es da zu größeren Konflikten kommt, hat das massive direkte Auswirkungen auf Schule und Unterricht und beeinträchtigt auch das Lehrerhandeln“, sagte Meidinger dem Schulportal.
Angesichts einer ebenso wie bei der Schülerschaft immer heterogener gewordenen Elternschaft sei es schwierig, wenn nicht unmöglich geworden, sich ohne Weiteres mit den Eltern einer Klasse noch auf gemeinsame Erziehungsziele zu einigen, zum Beispiel im Umgang mit Computern.
Wachsende Probleme gebe es nach Angaben von Meidinger auch mit Eltern, die sich kaum um die schulische Entwicklung der Kinder kümmern oder aus anderen Gründen die Kontaktaufnahme ablehnen. Daneben gebe es die sogenannten Helikoptereltern, die in ihrer Fürsorge ständig Lehrkräfte mit ihren Forderungen bedrängten. Und dann gebe es noch eine weitere schwierige Gruppe von Eltern, die sich vor allem als „Anwälte“ ihrer Kinder verstehen und nur dann vorstellig würden, wenn schlechte Noten oder Schulstrafen drohen.
Der Präsident des Lehrerverbands plädiert dafür, den gegenseitigen Austausch zu intensivieren: Häufiges Miteinander-Reden verringere Konflikte und schaffe Vertrauen. Dabei sollten Lehrkräfte nicht nur bei Problemen den Kontakt zu den Eltern suchen. Sinnvoller sei es, mehr Zeitfenster für die Elternarbeit bereitzustellen – etwa durch die Reduzierung der Unterrichtsdeputate.
Die Konfrontationen zwischen Elternhaus und Schule sind Schwerpunktthema 2019 im Bundeselternrat
Auch der Bundeselternrat habe die oft konfrontativen Positionen zwischen Eltern und Lehrkräften als aktuelle Herausforderung erkannt und das Thema zum Schwerpunkt in 2019 gemacht, betont Erika Takano-Forck vom Vorstand der Elternvertretung. Infolge der neuen Partnerschaftlichkeit zwischen Eltern und Lehrkräften an den Schulen brächen auch Konflikte auf, die früher durch die vorherrschenden Hierarchien unterdrückt worden seien. Es gebe auf beiden Seiten noch wenige Erfahrungen in der Kommunikation ohne Schuldzuweisungen. „Wir sehen aber auch, dass an immer mehr Schulen die Eltern mit ihrem Feedback ernst genommen werden und damit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten können“, sagt Takano-Forck. Festgelegte Austausch-Stunden für Eltern und Lehrkräfte könnten dafür sehr förderlich sein.
In Bezug auf die Bewältigung des Lehrermangels wurden die Lehrkräfte in der Forsa-Umfrage auch nach ihren Erfahrungen mit Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern befragt. Gut die Hälfte der Lehrkräfte (54 Prozent), an deren Schule Quereinsteigende unterrichten, meinen, dass es mit deren Einsatz Probleme gebe. An den Grundschulen, an denen besonders viele Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger zum Einsatz kommen, gaben sogar 68 Prozent der Lehrkräfte an, dass damit Probleme verbunden sind. An den Gymnasien waren es nur 46 Prozent.
Als Gründe für die Probleme wurden am häufigsten „mangelhafte pädagogische Fertigkeiten“ dieser Kolleginnen und Kollegen und „Probleme im Umgang mit Schülerinnen und Schülern“ (62 Prozent) genannt. „Der akute Mangel an Lehrkräften ist aufgrund der demografischen Entwicklung aktuell besonders stark in den Grundschulen spürbar und wird in den nächsten Jahren die weiterführenden Schulen erreichen“, sagte Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung. Hinzukomme, dass gerade an den Grundschulen, an denen Kinder das erste Mal mit Lesen, Schreiben und Rechnen konfrontiert werden, der Einsatz von Quereinsteigern mit fehlenden didaktischen und pädagogischen Grundlagen große Risiken berge, unabhängig vom Engagement der jeweiligen Lehrkraft.
Interessant sind auch die Meinungen der befragten Lehrkräfte zu einem einheitlichen Gehalt. Insgesamt 74 Prozent der Befragten fände es laut Forsa-Umfrage richtig, wenn alle Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen das gleiche Gehalt (A13 oder E13) bekommen würden. Doch immerhin jede/r Vierte sprach sich gegen ein einheitliches Gehalt aus. Am stärksten war diese Ablehnung unter den Lehrkräften an den Gymnasien. Wenn Sie auf dem Schulportal registriert sind, können Sie alle Umfrageergebnisse hier downloaden.
Für die Forsa-Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung wurden von Mitte November bis Mitte Dezember 2018 bundesweit 1.001 Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen befragt.
Thematisiert wurden in der Umfrage folgende Schwerpunkte:
- Die größten Herausforderungen an der Schule
- Gründe für die Wahl des Lehrerberufes
- Meinungen zu einem einheitlichen Gehalt bei Lehrkräften
- Besetzung der Lehrerstellen und in der Schulleitung
- Quereinsteiger in den Lehrerberuf
- Ausstattung der Schule mit digitalen Medien
- Angebote zur Verbesserung und Weiterentwicklung der eigenen Schule
- Informationsquellen über Schulthemen im Internet