Expertenstimme

Studie : Wie Instagram Lehrkräfte bei der Kooperation unterstützen kann

Ein Großteil der Lehrerinnen und Lehrer tauscht sich in sozialen Netzwerken aus und holt sich dort Anregungen für den eigenen Unterricht. Ein gemeinsames Forschungsprojekt der Universität Potsdam und der Elon University in North Carolina hat jetzt untersucht, inwiefern Lehrkräfte davon tatsächlich profitieren und wie sie mithilfe von Instagram besser kooperieren. Eric Richter, der die Studie mitverantwortet hat, stellt auf dem Schulportal die Ergebnisse vor.

Eric Richter
Instagram App auf Smartphone
Lehrkräfte nutzen Instagram für vielfältige Formen des Austausches, der Zusammenarbeit und auch, um soziale Unterstützung zu bekommen.
©Solen Feyissa/Unsplash

Der Austausch unter Lehrkräften hat sich stark verändert. Während die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften traditionell vor allem innerhalb der eigenen Schule stattfand, nutzen heute viele soziale Medien wie Twitter oder Instagram für vielfältige Formen des Austausches, der Zusammenarbeit und auch, um soziale Unterstützung zu bekommen: Sie suchen Personen oder Informationen, die ihnen bei der Bearbeitung konkreter Probleme oder Fragen weiterhelfen können, sie teilen ihre Meinungen, Ideen und Unterrichtsmaterialien zu bestimmten Themen und nutzen soziale Medien als Ort für Diskussionen oder Kontroversen zur Entwicklung von Schule und Unterricht.

Bildungsforschung hat die Nutzung von Instagram bislang wenig fokussiert

Während zahlreiche Forschungsarbeiten den Nutzen traditioneller Formen der Kooperation von Lehrkräften belegen, ist bislang unklar, inwiefern die Nutzung sozialer Medien Lehrkräfte bei der Kooperation unterstützen kann. Hinzu kommt, dass Bildungsforscher:innen bislang vorrangig Plattformen wie Facebook oder Twitter untersucht haben, Instagram hingegen nur wenig Aufmerksamkeit erhalten hat. Dabei zählt Instagram weltweit und auch in Deutschland zu einem der am häufigsten genutzten sozialen Netzwerke; es zeichnet sich durch eine aktive Community von Lehrer:innen aus, die unter #instalehrerzimmer vielfältigen Content teilt.

Emotionale Unterstützung über Instagram

Um die Nutzung von Instagram durch Lehrkräfte besser zu verstehen, sind wir mit Kolleg:innen der Universität Potsdam und der Elon University (USA) der Frage nachgegangen, in welcher Form und in welchem Ausmaß Lehrkräfte Instagram für die Kooperation mit anderen Lehrkräften nutzen. Außerdem wollten wir wissen, wie unterschiedliche kooperative Aktivitäten mit dem Erleben von sozialer Unterstützung zusammenhängen. Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir auf Instagram eine Fragebogenstudie mit 249 Lehrkräften durchgeführt.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass Lehrkräfte Instagram für vielfältige Kooperationsaktivitäten nutzen, die im Kern drei Bereiche umfassen: Abruf von Informationen und Materialien, Teilen eigener Inhalte, ko-konstruktive Prozesse.

Mindestens einmal pro Schuljahr (insgesamt 37 Prozent wöchentlich) nutzen Lehrer:innen Instagram, um mit ihren Kolleg:innen in Kontakt zu treten und bereitgestellten Inhalt – Informationen und Materialien – abzurufen. Während solche Austauschsituationen, in denen eine Person eine andere Person beispielsweise nach Lehr-Lern-Materialien fragt, an Schulen meist synchron ablaufen, findet dieser Austausch auf Instagram stärker asynchron statt.

Instagram bietet Zugang zu einer unendlichen Menge an Informationen, von denen einige widersprüchlich oder sogar falsch sein können.

75 Prozent der Lehrkräfte nutzen Instagram mindestens einmal pro Schuljahr (insgesamt 4 Prozent wöchentlich), um eigene Inhalte zu teilen und anderen Lehrkräften verfügbar zu machen. Über das Suchen und Teilen von Inhalten hinaus nutzen 33 Prozent der Lehrkräfte Instagram mindestens einmal pro Schuljahr für ko-konstruktive Prozesse (insgesamt 1 Prozent wöchentlich).  Dazu zählen die gemeinsame Vorbereitung von Unterricht oder das gemeinsame Erstellen von Arbeitsmaterialien für den Unterricht.

Austausch von Materialien für den Unterricht

Im Zusammenhang mit Kooperationsaktivitäten erleben Lehrkräfte auf Instagram soziale Unterstützung. Insbesondere, wenn sie die Plattform häufiger nutzen, ist das der Fall. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Lehrkräfte, die Inhalte teilen, von anderen User:innen wertschätzende und konstruktive Rückmeldungen zu den von ihnen bereitgestellten Inhalten erhalten. Unsere Ergebnisse zeigen auch, dass Lehrkräfte, die Instagram häufiger für die Suche nach Informationen nutzen, mehr instrumentelle Unterstützung erleben, also sich stärker mit Materialien versorgt fühlen.

Gleichzeitig berichten diese Lehrkräfte jedoch, dass sie sich informationell weniger stark unterstützt fühlen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Instagram Zugang zu einer unendlichen Menge an Informationen bietet, von denen einige widersprüchlich oder sogar falsch sein können. Der Versuch, diese Masse an Informationen zu bewältigen, könnte dazu führen, dass sich Nutzer:innen überfordert und desinformiert fühlen.

Die Interaktion mit anderen Lehrkräften auf Instagram besitzt das Potenzial, sich neue Impulse und Ideen für den Unterricht zu holen, aber auch das Wohlbefinden von Lehrkräften zu unterstützen.

Zusammenfassend zeigt unsere Studie, dass Instagram für Lehrkräfte ein Ort für Kooperation und Unterstützung darstellen kann. Somit bietet die Plattform Lehrkräften die Möglichkeit, Community of Practices aufzubauen und von der Praxis anderer Kolleg:innen zu lernen.

Eher einfache Form der Zusammenarbeit auf Instagram

Zwar nutzen Lehrkräfte Instagram vor allem für einfache Formen der Zusammenarbeit, wie den Austausch von Materialien, gleichzeitig können sie sich aber auch neue Impulse und Ideen für den Unterricht holen, soziale Unterstützung erfahren und so das Wohlbefinden der Lehrkräfte unterstützen.

Eine erfolgreiche und nachhaltige Nutzung sozialer Medien wie Instagram ist letztlich vor allem abhängig von den spezifischen Kompetenzen der jeweiligen Lehrkraft. Solche Kompetenzen können angehende Lehrer:innen heute bereits im Rahmen der universitären Ausbildung erwerben. Erste Erfahrungen hierzu gibt es an der Elon University, wo Lehramtsstudierende die Möglichkeit erhalten, Twitter im Rahmen eines bildungswissenschaftlichen Seminars für den Aufbau eines professionellen Netzwerks zu nutzen.

Zur Person

Eric Richter Uni Potsdam
  • Eric Richter absolvierte ein Lehramtsstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin.
  • Nach seinem Vorbereitungsdienst promovierte er zum Angebot und zur Nutzung von Lehrkräftefortbildungen an der Universität Potsdam.
  • Zu seinen Forschungsschwerpunkten als akademischer Mitarbeiter der Universität Potsdam gehören die Professionalisierung von Lehrkräften, Virtual Reality und Social Media in der Lehrkräftebildung sowie Lehrkräfte im Quer- und Seiteneinstieg.