Weltkongress Deutscher Auslandsschulen : Bildung „Made in Germany“ soll gestärkt werden

Die Große Koalition will eine Neuausrichtung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Was das konkret bedeutet, wurde auf dem Weltkongress Deutscher Auslandsschulen vom 6. bis 9. Juni in Berlin diskutiert.

ein Mädchen und ein Junge spielen gemeinsam
Die Deutsche Schule Rio de Janeiro ist eine Begegnungsschule, an der in deutscher und portugiesischer Sprache unterrichtet wird. 2017 gehörte die Schule zu den Preisträgern des Deutschen Schulpreises.
©Wagner Meier (Robert Bosch Stiftung)

Als Tinatin Patchkoria aus Georgien in die zweite Klasse kam, trafen ihre Eltern eine Entscheidung, die ihr Leben bis heute beeinflusst: Sie wurde Schülerin der Deutschen Auslandsschule in georgischen Hauptstadt Tiflis, wo sie die deutsche Sprache und Kultur kennenlernte. Inzwischen ist sie 27 Jahre als, hat in Deutschland in Rechtswissenschaften promoviert und arbeitet für einen weltweit operierenden Automobilhersteller in München. „Ich weiß, dass viele Schülerinnen und Schüler in meinem Land davon träumen, hier an meiner Stelle sitzen zu können“, sagte sie auf dem Podium des Weltkongresses der Deutschen Auslandsschulen vor den rund 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 70 Ländern.

Veranstaltet wurde das Gipfeltreffen vom 6. bis 9. Juni gemeinsam vom Auswärtigen Amt , vom Weltverband Deutscher Auslandsschulen und von der Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA). Neben den Deutschen Auslandsschulen waren auch Vertreterinnen und Vertreter der Deutsch-Profil-Schulen und der Schulen, die das Deutsche Sprachdiplom anbieten, auf dem Kongress. Und erstmals waren Alumni wie Tinatin Patchkoria eingeladen. Gerade ihre Berichte führten eindrücklich vor Augen, welche Bedeutung die Deutschen Auslandsschulen weltweit und für Deutschland haben.

Die Bedeutung der auswärtigen Bildungspolitik wächst

Die Erwartungen an das Treffen waren groß. Schließlich sind die 140 deutschen Auslandsschulen, die lange in der Öffentlichkeit wenig Beachtung fanden, nun im Fokus der Politik. In ihrem Koalitionsvertrag hat die Große Koalition eine Neuausrichtung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik beschlossen, und dazu gehören auch die Auslandsschulen, die deutsche und nicht-deutsche Schülerinnen und Schüler weltweit gemeinsam unterrichten.

„Der härter werdende globale Wettbewerb um Köpfe, Ideen und Werte verdeutlicht die wichtige Aufgabe der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) für Deutschlands Ansehen und Einfluss in der Welt“, heißt es in dem Koalitionsvertrag. Deshalb sollen die finanziellen Mittel dafür in dieser Legislaturperiode aufgestockt werden.

 

Gegen Populismus hilft Bildung! Gegen Angst hilft das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten! Und gegen Nationalismus und Abschottung hilft es, Sprachen zu lernen, zu reisen, die Augen zu öffnen für andere Kulturen und so unsere gemeinsame Humanität zu entdecken.
Heiko Maas (SPD), Außenminister

Warum diese Stärkung nötig ist, machte Außenminister Heiko Maas (SPD) zu Beginn des Weltkongresses bei seiner Eröffnungsrede klar.

Maas betonte, dass die auswärtige Bildungspolitik heute wichtiger sei denn je. Die Welt befinde sich ein einem gewaltigen tektonischen Umbruch, sagte Maas. Autoritäre Regierungsformen und Ideologien würden weltweit an Unterstützung gewinnen. „Gegen Populismus hilft Bildung! Gegen Angst hilft das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten! Und gegen Nationalismus und Abschottung hilft es, Sprachen zu lernen, zu reisen, die Augen zu öffnen für andere Kulturen und so unsere gemeinsame Humanität zu entdecken“, sagte Außenminister Maas.

Lehrkräftemangel ist auch bei den Auslandsschulen spürbar

Die Auslandsschulen können also auf mehr Unterstützung aus der Politik hoffen und die ist dringend nötig. „Wir setzen uns schon lange dafür ein, dass das Auslandsschulgesetz angepasst wird und alle Schulen einen Anspruch auf eine verlässliche Förderung haben“, sagte Detlef Ernst, Vorstandsvorsitzender des Verbandes dem Deutschen Schulportal. Bisher würden beispielsweise Schulen im Aufbau nur eine freiwillige Förderung erhalten, deren Höhe je nach Haushaltslage variieren könne. Und auch die Lehrkräftegewinnung sei für viele Auslandsschulen ein großes Problem. Angesichts des Personalmangels an Schulen in Deutschland sei es immer schwieriger, qualifizierte Lehrkräfte zum Beispiel für Schulleitungen zu finden, die dann auch von den Bundesländern freigestellt werden. Es sei wichtig, dass die Bedeutung der Auslandsschulen in der Politik stärker wahrgenommen werde, sagte Ernst.

Berufliche Bildung soll  im Auslandsschulwesen verstärkt werden

Wie die die Unterstützung der Auslandsschulen konkret aussehen könnte, erläuterte die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Schmidt vom Unterausschuss  für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik dem Deutschen Schulportal am Rande der Veranstaltung in Berlin: „Es ist dringend nötig, dafür zu sorgen, dass alle Auslandsschulen eine verlässliche Förderung erhalten und nicht ein Teil der Schulen wie bisher auf freiwillige Zuwendungen angewiesen sind“, sagte die Ex-Ministerin. Um den Einsatz im Ausland für Lehrkräfte attraktiver zu machen, seien in einem ersten Schritt die Besoldung für Auslandsdienstlehrkräfte und Bundesprogrammlehrkräfte neu geordnet sowie Schulort-, Familien- und Kinderzuwendungen angepasst worden. Dieser Weg müsse fortgesetzt werden.

Und da die Schulen eine wichtige Rolle für die Demokratieentwicklung in vielen Ländern spielen würden, müssten die Bildungseinrichtungen auch in Zukunft offen für alle Kinder sein, egal aus welchem sozialen Umfeld sie kommen. „Hierfür haben wir die entsprechenden Pauschalen für Inklusion und Sozialermäßigungen bereits erhöht – und ich werde mich auch in Zukunft für weitere Zuwächse einsetzen“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete. Außerdem solle die berufliche Qualifikation im Auslandsschulwesen verstärkt werden.

Die ehemalige Schülerin Tinatin Patchkoria jedenfalls bat auf dem Kongress eindringlich, die Auslandsschulen weiter zu unterstützen: „Sie sollten auf jeden Fall weitergeführt werden, 100 Jahre und mehr“, rief sie den Vertreterinnen und Vertretern der Schulen und der Politik auf dem Weltkongress zu.