Neue Schulleitungs-Umfrage : Schulleitung: Aufgaben, Herausforderungen und Zufriedenheit

Schulleitungen müssen Schulentwicklung voranbringen und Antworten auf große Themen wie Digitalisierung, Inklusion oder Nachhaltigkeit finden. Zugleich müssen sie ihre Schule häufig mit immer weniger Personal managen. Das führt bei vielen zu Unzufriedenheit. Nach der aktuellen Schulleitungs-Umfrage vom VBE würden nur 11 Prozent der Schulleitungen ihren Beruf weiterempfehlen. Aber welche Aufgaben haben Schulleitungen überhaupt? Sind die Anforderungen in allen Ländern gleich? Wer bestimmt, wer Schulleiterin oder Schulleiter wird? Wie sieht die Qualifizierung aus? Das Schulportal gibt hier einen Überblick.

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Schulleiterin vor Computer
Verwaltungsaufgaben nehmen im Arbeitsalltag von Schulleiterinnen und Schulleiter viel Raum ein.
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Aktuell würde nur noch 11 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter ihren Beruf auf jeden Fall und 38 Prozent wahrscheinlich weiterempfehlen. Ähnlich viele würden ihren Beruf derzeit wahrscheinlich nicht (38 Prozent) bzw. auf keinen Fall (8 Prozent) weiterempfehlen.

Das geht aus der repräsentativen Schulleitungsumfrage des Verbands Bildung und Erziehung hervor, die am 24. November 2023 auf dem Deutschen Schulleitungskongress vorgestellt wurde.

Ein Teil der Fragen wurde bereits in den vorherigen Befragungen von Schulleitungen aus den Jahren 2018 bis 2022) gestellt, so dass entsprechende Zeitvergleiche möglich sind.

Der Anteil der Schulleiterinnen und Schulleiter, die den Beruf der Schulleitung auf jeden Fall oder wahrscheinlich weiterempfehlen würden, ist demnach von über zwei Dritteln in den Jahren 2018 und 2019 auf nun mehr etwa jeden Zweiten zurückgegangen: Besonders gering ist die Weiterempfehlungsbereitschaft bei den Schulleiterinnen und Schulleitern von Grundschulen, am höchsten bei denen von Gymnasien und Förderschulen.

Als größtes Problem wird von den Schulleitungen erneut der Lehrkräftemangel als am häufigsten genannt (62 Prozent). Etwa ein Drittel der Schulleitungen (35 Prozent) – und damit etwas mehr als in den Vorjahren – nennt die Inklusion und Integration als eines der größten Probleme an ihrer Schule.

Jede vierte Schulleitung bemängelt die hohe Arbeitsbelastung bzw. den Zeitmangel (24 Prozent), ebenso viele berichten von Problemen mit Gebäuden und Räumen (24 Prozent).

Danach gefragt, wie stark Schulleitungen ihrer Einschätzung nach zur Zeit von bestimmten Dingen belastet werden, geben fast alle Schulleitungen an, dass sie die Belastungen durch steigende Verwaltungsarbeiten und ein stetig wachsendes Aufgabenspektrum (je 96 Prozent) als sehr stark oder stark einschätzen.

Entsprechend fällt die Bewertung der Schulpolitik in ihrem Bundesland durch die Schulleiterinnen und Schulleiter wie bereits in den Vorjahren nicht besonders positiv aus.

Die Noten 1 und 2 werden von den Schulleitungen nahezu gar nicht vergeben (insgesamt 4 Prozent). Auch ein „befriedigend“ vergibt nur eine kleine Minderheit von 16 Prozent der Schulleitungen. 30 Prozent bewerten die Schulpolitik in ihrem Bundesland mit „ausreichend“.

Bei fast der Hälfte der Schulleitungen (47 Prozent) wäre die Schulpolitik des eigenen Bundeslandes mit einer Note 5 oder 6 akut „versetzungsgefährdet“.

Im Mittel wird die Schulpolitik von Seiten der Schulleitungen mit der Note 4,3 bewertet. 2018 lag der Mittelwert noch bei 3,8.

Mehr als 1.000 Schulleiterinnen und Schulleiter fehlen

Mehr als 1.000 Schulleiterinnen und Schulleiter fehlen bundesweit. Das hat schon 2019 eine Abfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben. Dazu kommen noch viele weitere unbesetzte Stellen auf Schulleitungsebene. Und die Zahlen steigen weiter, weil in den kommenden Jahren viele Schulleiterinnen und Schulleiter das Pensionsalter erreichen.

Außerdem denkt inzwischen offenbar jede vierte Schulleitung darüber nach, die eigene Schule zu verlassen. Das geht aus dem aktuellen Schulleitungsmonitor Deutschland 2022 hervor, den die Wübben Stiftung Bildung bei der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz in Auftrag gegeben hat. Er wird als Kooperationsprojekt mit der Leuphana Universität Lüneburg, der Universität Tübingen und der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg durchgeführt. In einer  Vorläuferstudie drei Jahre zuvor hatte noch jede fünfte Schulleitung den Wunsch geäußert, den Arbeitsplatz zu wechseln. Dafür hatten die Bildungsforscher die Karrieren von Schulleitungen untersucht.

Beim Wechselwunsch geht es meist darum, die Schule zu wechseln, manchmal aber auch um einen Berufswechsel. Als Gründe nennen die Schulleitungen laut dem aktuellen Schulleitungsmonitor mangelnde Unterstützung (48 Prozent), eine nicht angemessene Bezahlung (41 Prozent) und den Wunsch nach beruflicher Entwicklung (40 Prozent). Etwa ein Drittel gibt als Wechselmotiv die schlechten Arbeitsbedingungen an.

Corona hat Personalsituation für Schulleitungen verschärft

In der Corona-Pandemie hat sich die schwierige Personalsituation von Schulleitungen offenbar noch weiter verschärft. In einer Sonderauswertung des Deutschen Schulbarometers gaben 28 Prozent der befragten Lehrkräfte an, dass an ihrer Schule eine Stelle in der Schulleitung oder die stellvertretende Schulleitung im Schuljahr 2020/21 vakant war.

Für die Telekom-Stiftung hat Forsa im April und Mai 2023 Schulleitungen in Deutschland zu ihren aktuellen Herausforderungen befragt. Dabei hat sich gezeigt, dass derzeit nur die Hälfte der Schulleiterinnen und Schulleiter (54 Prozent)  ihre beruflichen Aufgaben immer (3 %) oder häufig (51 %) zu ihrer eigenen Zufriedenheit erfüllt. Als größtes Problem sehen die meisten das fehlende Personal.

Gleichzeitig üben die meisten Schulleitungen (insgesamt 82 %) ihren Beruf sehr gerne (28 %) oder eher gerne (54) aus, wie die Befragung für die Telekom-Stiftung auch zeigt. Allerdings sagen auch insgesamt 18 Prozent, dass sie ihren Beruf eher ungerne (16 %) oder sehr ungern (2 %) ausüben.

Welche Aufgaben haben Schulleitungen?

In den jeweiligen Schulgesetzen der Länder ist detailliert dargestellt, welche Aufgaben Schulleiterinnen und Schulleiter haben. Sie sind Vorgesetzte gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern, sie sind verantwortlich für die Schulbelange, und sie arbeiten mit den Schulträgern zusammen. Schulleitungen agieren zwischen Kollegium, Eltern und Schülerschaft in der Schule, und sie vertreten die Schule nach außen, gegenüber dem Schulträger oder der Schulverwaltung.

Auf organisatorischer Ebene berufen sie zum Beispiel Konferenzen wie die Schulkonferenz und Gesamtlehrerkonferenz ein, sie sind verantwortlich für das Anmeldeverfahren für neue Schülerinnen und Schüler, entscheiden über eine mögliche Entlassung von Schülerinnen und Schülern, beantragen Mittel für die Schule und bestimmen über die Verteilung der Mittel. Außerdem müssen sie dafür sorgen, dass die Lehrkräfte gleichmäßig eingesetzt sind und dass es einen geregelten Stunden- und Aufsichtsplan gibt.

Sie koordinieren die pädagogische Arbeit und die Strukturen innerhalb des Kollegiums und sind für das Schulprogramm und Schulentwicklungsprozesse verantwortlich.

Aufgaben, Rechte und Pflichten der Schulleitung im Länderüberblick

Die Kultusministerkonferenz bietet eine Übersicht der Schulgesetze der 16 Länder mit den genauen Beschreibungen von Aufgaben, Rechten und Pflichten von Lehrkräften. Das Schulportal bildet hier im Wortlaut die Passagen aus den Schulgesetzen ab, die sich auf Schulleitungen an allgemeinbildenden Schulen beziehen. (Stand: November 2022)

Wie wird man Schulleiterin oder Schulleiter?

Der Weg in die Position des Schulleiters oder der Schulleiterin führt in jedem Fall über eine klassische Ausbildung zum Lehrer oder zur Lehrerin. In der Regel haben die Lehrkräfte schon andere Funktionen in Steuerungsgruppen und Schulleitungsgremien übernommen, bevor sie sich auf eine Stelle in der Schulleitung bewerben.

Die Anforderungsprofile und Kompetenzbeschreibungen für Schulleitungen definieren die Länder ähnlich. Angehende Schulleiterinnen oder Schulleiter müssen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen, die zur Leitung einer Schule erforderlich sind. Das betrifft zum Beispiel die Bereiche Führung, Organisation, Weiterentwicklung einer Schule, Kommunikation, die pädagogische Beurteilung von Unterricht oder die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit schulischen und außerschulischen Einrichtungen.

Die Kompetenzen erlangen sie über eine entsprechende Fortbildung, die theoretische Bausteine und praktische Trainingseinheiten umfasst. Danach folgt ein Verfahren, bei dem die Eignung des Bewerbers, der Bewerberin festgestellt wird. Dieses ist von Bundesland zu Bundesland anders strukturiert. In Nordrhein-Westfalen heißt es zum Beispiel „Eignungsfeststellungsverfahren“.

88 Prozent der Schulleiter haben keine formale Qualifikation

Mittlerweile gibt es an einigen Hochschulen auch einen berufsbegleitenden Master für Schulmanagement und Qualitätsentwicklung. Solche Weiterbildungsstudiengänge richten sich an Interessentinnen und Interessenten, die bereits in der Schulleitung arbeiten oder Führungsaufgaben übernehmen wollen.

Wie der Schulleitungsmonitor 2023 auch zeigt, haben 88 Prozent der Schulleitungen für ihre Aufgaben keine beruflich relevante Qualifizierung an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen durchlaufen. Und nur 57 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter haben eine formale Qualifikation an einem Landesinstitut abgeschlossen.

Größte Herausforderungen für die Schulleitung

Als größte Herausforderung sehen die Schulleiterinnen und Schulleiter derzeit die Personalnot. Das ist das Ergebnis des Deutschen Schulbarometers, für das im November 2022 Schulleitungen befragt wurden. 67 Prozent der Befragten gab in der repräsentativen Umfrage an, dass der Personalmangel an Schulen das größte Problem sei. Als weitere Herausforderungen haben Schulleitungen außerdem Digitalisierung, Bürokratie, Zeitmangel und das Verhalten der Schülerinnen und Schüler angegeben.

Dass der Personalmangel die größte Herausforderung ist, deckt sich auch mit der Anfang März 2023 veröffentlichten zweiten Cornelsen-Schulleitungsstudie, die das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie durchgeführt hat. Mit 68 Prozent stand die Personalnot auf Platz 1 der Herausforderungen – also ähnlich hoch wie beim Deutschen Schulbarometer.

Nach dem Ergebnis der aktuellen Forsa-Umfrage von Schulleitungen im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) sind 57 Prozent der Schulen mit Personallücken in das Schuljahr 2022/23 gestartet. 84 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter gehen davon aus, dass ihre Schule in Zukunft stark oder sogar sehr stark vom Lehrkräftemangel betroffen sein wird.

In einer Ende Juni 2023 veröffentlichten Befragung für die Telekom-Stiftung wurden Schulleiterinnen und Schuleiter auch befragt, wie sie zu multiprofessionellen Teams stehen. Die Mehrheit der Schulleitungen sieht die Förderung multiprofessioneller Zusammenarbeit als eine ihrer zentralen Aufgaben. Für eine knappe Mehrheit der Schulleiterinnen und Schulleiter (54 %) ist multiprofessionelle Kooperation auch gut koordinierbar. Aber vielen Schulleitungen mangelt es oftmals an der nötigen Zeit oder anderen Personen, die sie mit der Aufgabe betrauen können. Generell ist die Haltung gegenüber multiprofessionellen Teams aber positiv: Für 53 Prozent der Schulleitungen bedeutet multiprofessionelle Kooperation eher eine Entlastung, für 21 Prozent eher eine Belastung.

Wie schätzen Schulleitungen ihre Arbeitsbelastung ein?

Ein wichtiger Grund für die wachsende berufliche Unzufriedenheit vieler Schulleitungen ist offenbar die Arbeitszeit. Laut dem aktuellen Schulleitungsmonitor von 2022 arbeiten 40 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter mehr als 50 Stunden pro Woche, manche sogar deutlich mehr. Laut einer Studie der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen hat die Arbeitszeitbelastung von Schulleitungen in der Pandemie noch mal deutlich zugenommen. Während nach Schätzungen der befragten Lehrkräfte die Arbeitszeitbelastung um 20 Prozent zugenommen hat, waren es bei Schulleitungen 50 Prozent.

Aber auch schon vor der Pandemie lag die Arbeitsbelastung von Schulleitungen im Schnitt bei 50 Stunden in der Woche, so das Ergebnis der Studie zu Karrieren von Schulleitungen. Elf Stunden der Arbeitszeit entfielen dabei auf den Unterricht, den größten Anteil an der Arbeitszeit von Schulleitungen nahmen demgegenüber Aufgaben der Verwaltung und Organisation in Anspruch.

Laut der Cornelsen-Schulleitungsstudie 2023 verbringen 60 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter mehr als 10 Stunden in der Woche mit administrativen Tätigkeiten. Für Schulentwicklung können sie demgegenüber aber nur 3 Stunden in der Woche aufbringen. 93 Prozent wünschen der Schulleitungen wünschen sich daher eine Entlastung auf Leitungsebene. Und 8 von 10 Schulleitungen sind überzeugt, dass Digitalisierung das Schulmanagement erleichtern würde.

Was wünschen sich Schulleitungen?

Neben der genannten Entlastung von Verwaltungsaufgaben wünschen sich Schulleiterinnen und Schulleiter mehr Eigenverantwortung. Laut der Cornelsen-Schulleitungsstudie wollen 86 Prozent der Befragten über Personal selbst bestimmen, 73 Prozent wünschen sich Hoheit über die Finanzen und 83 Prozent über die konzeptionelle Entwicklung der Schule.

Zur Bewältigung der wachsenden Herausforderungen in der Schulleitung und vor dem Hintergrund der angespannten Personaldecke wünschen sich Schulleiterinnen und Schulleiter mehr Unterstützung vonseiten der Schulverwaltung. Gerade in der Pandemie haben Schulleitungen die aber häufig vermisst.

Wie ist das Verhältnis zwischen Schulleitung und Schulverwaltung?

Im Vergleich zur Vorläuferstudie ist das Vertrauen der Schulleitung in die Schulverwaltung laut dem Schulleitungsmonitor 2022 innerhalb von drei Jahren noch weiter gesunken. Insbesondere die Schulaufsicht bekommt hier schlechte Bewertungen: Rund 40 Prozent der befragten Schulleitungen vertreten im aktuellen Schulleitungsmonitor den Standpunkt, dass man sich nicht immer auf die Schulaufsicht verlassen oder ihr vertrauen kann. Zudem stimmen lediglich 39 Prozent der Aussage zu, dass die Schulaufsicht immer wohl überlegte Entscheidungen trifft.

Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeitszufriedenheit, aber auch die Bereitschaft, Neues zu wagen.
Pierre Tulowitzki, Leiter der Befragung für den Schulleitungsmonitor

Pierre Tulowitzki, Leiter der Studie und Professor für Bildungsmanagement und Schulentwicklung an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz, erklärt dazu: „Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeitszufriedenheit, aber auch die Bereitschaft, Neues zu wagen und zu innovieren.“ Die aktuelle Befragung zeige aber dass das Vertrauen in die Schulverwaltung oftmals gestört sei. Hier besteht Handlungsbedarf, ansonsten droht eine Vertrauenskrise.

In der Vorläuferstudie wurde das Verhältnis zwischen Schulleitung und Schulverwaltung an drei konkreten Aspekten untersucht: Integrität, Kompetenz und Wohlwollen. Demnach hielten im Herbst 2021 nicht mal zwei Drittel der befragten Schulleitungen die Kontaktpersonen in der Bildungsadministration in ihrem Job für kompetent. Zwei Jahre zuvor lag dieser Anteil noch bei 76 Prozent. „Schulleitungen haben sich in der Pandemie offenbar nicht ausreichend unterstützt gesehen. Sie bemängeln, dass wichtige Entscheidungen spät kommuniziert wurden und auch die Form der Kommunikation nicht zufriedenstellend war“, kommentiert Erziehungswissenschaftler Colin Cramer von der Universität Tübingen, einer der an der Studie beteiligten Bildungsforscher, dieses Ergebnis.