Baden-Württemberg : Eisenmann stärkt die Aufsichtsrolle der Schulämter

Baden-Württemberg hat einen grundlegenden Wandel in der Schulaufsicht angekündigt. Ziel ist die Qualitätsverbesserung von Unterricht und Schule. Die Aufsicht von Schulen und die Unterstützung der Schulen sollen in der neuen Rollenverteilung deutlich getrennt werden. Susanne Eisenmann (CDU), Kultusministerin von Baden-Württemberg erklärt im Interview mit dem Schulportal, warum eine solche Trennung aus ihrer Sicht nötig ist und wie dieser Wandel zu mehr Qualität an Schulen führen soll.

Susanne Eisenmann bei einer Pressekonferenz
Susanne Eisenmann (CDU), Kultusministerin von Baden-Württemberg, trennt die Aufgaben der Schulaufsicht und der Beratung von Schulen.
©Marijan Murat (dpa)

Schulportal: Frau Eisenmann, im Rahmen des Qualitätskonzepts ist in Baden-Württemberg auch eine Neuordnung der Schulaufsicht geplant. Wie genau sieht diese Veränderung aus? Verliert die Schulaufsicht angesichts der beiden Institute zur Qualitätssicherung an Bedeutung?
Susanne Eisenmann: Ein zentraler Bestandteil unseres Qualitätskonzepts ist es, die Aufgaben der Schulaufsicht und die Fortbildung, Beratung und Unterstützung deutlicher zu trennen. Wir wollen damit die Schulaufsicht durch eine klare Rollendefinition in der Wahrnehmung ihrer originären schulaufsichtlichen Aufgaben stärken. Gleichzeitig wollen wir damit die Zuständigkeiten bei der Fortbildung, Beratung und Unterstützung neu definieren und transparenter gestalten.

Künftig ist daher das neu gegründete Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) mit seinen regionalen Einheiten, den so genannten Regionalstellen, für die Fortbildungsaufgaben und Beratungsleistungen der Schulaufsicht zuständig. Die bislang zerstreuten Zuständigkeiten werden im ZSL gebündelt und konzeptionell weiterentwickelt. Die Schulaufsicht nimmt weiterhin im Zusammenwirken mit den Schulen eine zentrale Rolle in der Qualitätsentwicklung ein. Das neue Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) soll dabei eine datenbasierte Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen des Bildungssystems unterstützen und eine verlässliche Datengrundlage für den Dialog von Schulaufsicht und Schulen zur Verfügung stellen.

Warum war aus Ihrer Sicht das bisherige Selbstverständnis der Schulaufsicht überholt, warum war eine solche Veränderung nötig?
Ausgangspunkt waren die Ergebnisse verschiedener Bildungsstudien und Leistungsvergleiche, die einen Handlungsbedarf bei der Qualitätsverbesserung von Unterricht und Schule in Baden-Württemberg aufgezeigt haben. Das Qualitätskonzept ist nun das Ergebnis zahlreicher Analysen, Gespräche und Diskussionen mit Schulpraktikern, Bildungsforschern, Verbänden, Fachleuten aus anderen Bundesländern, Vertretern der Schulverwaltung und Beratungsgremien.

Der gesamte Diskurs hat uns gezeigt, dass wir eine klarere Rollendefinition bei der Schulaufsicht brauchen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass wir die Qualität der Lehrerfortbildung in den Blick nehmen und unsere Angebote stärker am Stand der Wissenschaft ausrichten müssen. So hat beispielsweise auch eine Untersuchung der Uni Tübingen im Auftrag der GEW gezeigt, dass es keine systematische Qualitätssicherung bei der Lehrerfortbildung gibt und die bisherige Fortbildungsstruktur schwer überschaubar ist. Das ist nun eine Aufgabe der beiden neuen Institute, sodass die Schulaufsicht den Fokus auf ihre zentralen Aufgaben richten kann. Durch die klare Rollendefinition stärken wir die Führungsrolle der Schulaufsicht gegenüber den Schulen.

Warum denken Sie, dass eine Trennung von Beratung und Aufsicht sinnvoll ist?
Die Trennung und die damit einhergehende Stärkung der Regierungspräsidien und Staatlichen Schulämter in ihrer aufsichtlichen Rolle war eine Konsequenz des angesprochenen Qualitätsdiskurses.

Das bedeutet in der Praxis, dass Schulaufsicht und Schulleitungen künftig im Dialog und auf Basis von Daten, die das IBBW bereitstellt, Stärken, aber auch Entwicklungsmöglichkeiten für jede einzelne Schule identifizieren.

Das bedeutet in der Praxis, dass Schulaufsicht und Schulleitungen künftig im Dialog und auf Basis von Daten, die das IBBW bereitstellt, Stärken, aber auch Entwicklungsmöglichkeiten für jede einzelne Schule identifizieren. In der Folge verabreden sie über Ziel- und Leistungsvereinbarungen für beide Seiten verbindliche Schritte der Weiterentwicklung. Aus der Trennung resultiert die Stärkung der Regierungspräsidien und Staatlichen Schulämter in ihrer Aufsichtsrolle, und das ist sinnvoll.

Wie gelingt die Umsetzung einer solchen Veränderung in den Strukturen und Aufgaben der Schulaufsicht?
Die Umsetzung des Qualitätskonzepts ist ein großer Kraftakt für alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem in der momentanen Übergangsphase. Das Qualitätskonzept bringt für viele Mitarbeiter auf den unterschiedlichen Ebenen der Kultusverwaltung große Veränderungen mit sich. Das betrifft zum Beispiel die Umstellung von den bestehenden auf die neuen Strukturen sowie neue Aufgaben und veränderte Aufgabenzuschnitte. Wir haben den Prozess deshalb von Anfang an transparent gestaltet. So haben wir zahlreiche Informationsveranstaltungen für die Mitarbeiter angeboten, bei denen wir vertieft über Details der neuen Strukturen und der sich verändernden Aufgaben informiert haben. Darüber hinaus haben wir fortlaufend aktualisierte Informationen, Mitarbeiterschreiben und vieles mehr zur Verfügung gestellt. Uns war und ist wichtig, dass alle von der Umstellung betroffenen Mitarbeiter in der Phase des Übergangs unterstützt werden.

Wie reagieren Ihre Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Kultusministerien auf Ihren Vorstoß? Gibt es da einen Austausch zwischen den Ländern?
Unser Reformprozess und der breit geführte Diskurs haben bundesweit Beachtung unter den Fachleuten gefunden. Positiv wurde etwa wahrgenommen, dass wir uns sehr ernsthaft mit den für uns enttäuschenden Leistungsergebnissen auseinandergesetzt und eine intensive Qualitätsdebatte angestoßen haben.

Teilweise haben wir auch Fachleute aus anderen Ländern als Berater in den Prozess einbezogen, zum Beispiel aus Hamburg und Schleswig-Holstein, da beide Länder beim Thema Bildungsmonitoring sowie in der Lehrerbildung schon weiter sind als wir in Baden-Württemberg.

Teilweise haben wir auch Fachleute aus anderen Ländern als Berater in den Prozess einbezogen, zum Beispiel aus Hamburg und Schleswig-Holstein, da beide Länder beim Thema Bildungsmonitoring sowie in der Lehrerbildung schon weiter sind als wir in Baden-Württemberg. Es gibt also einen guten und intensiven Austausch zwischen den Ländern. Das ist ja eine der großen Stärken unseres föderalen Bildungssystems, dass wir von Fehlern und Erfolgen gegenseitig lernen und somit voneinander profitieren können.