Qualitätsrahmen für Ganztag : Rechtsanspruch muss mehr als bloßer Betreuungs­anspruch sein

In sieben Jahren sollen Kinder im Grundschulalter einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung haben. So steht es im Koalitionsvertrag vom März 2018. Der Rat für Kulturelle Bildung warnt jetzt davor, dass die aktuelle Zielsetzung in der Praxis lediglich die bloße Betreuung meint – nicht aber eine umfassende Ganztagsbildung. Deshalb spricht sich der Rat für Kulturelle Bildung für eine Enquete-Kommission aus, die sich für Standards und Qualitätsmaßstäbe einsetzt.

Kulturelle Bildung im Kindesalter trägt grundlegend zur Persönlichkeitsbildung bei. Deshalb spricht sich der Rat für Kulturelle Bildung in seinem aktuellen Positionspapier dafür aus, dass die aktuellen Pläne auf einen „Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter als Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung verstanden und umgesetzt werden“.
©Lars Rettberg (Deutsche Schulakademie)

Die Bundesregierung verfolgt ein großes bildungspolitisches Ziel: Ab 2025 soll es für Grundschülerinnen und -schüler einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben. Laut Koalitionsvertrag sollen innerhalb der nächsten sieben Jahre die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Der Rat für Kulturelle Bildung kritisierte jetzt, dass die aktuelle Zielsetzung vor allem der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dient, eine umfassende und vor allem notwendige Ganztagsbildung für Kinder im Grundschulalter aber nicht konkret verfolgt.

Von Ganztagsbetreuung zu Bildung

Der Rat für Kulturelle Bildung mahnt deshalb Weitblick bei der Umsetzung des geplanten Rechtsanspruchs an und fordert in einem aktuellen Positionspapier zum Thema, dass statt der bloßen Betreuung in erster Linie die Bildung im Vordergrund stehen soll. „Dabei muss der kulturellen Bildung eine wichtige Rolle zukommen“, sagt Eckart Liebau, Vorsitzender des 13-köpfigen Expertengremiums. Konkret heißt es dazu im Positionspapier: „Innerhalb der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist eine qualitativ hochwertige und quantitativ hinreichende Grundversorgung mit Angeboten kultureller Bildung erforderlich.“

Damit die Ganztagsbildung künftig mehr ist als nur Betreuung, spricht sich das Gremium klar für eine Enquete-Kommission aus. Die Kommission soll nach den Vorschlägen des Rats für Kulturelle Bildung „in Kooperation mit der Kultusministerkonferenz und kommunalen Spitzenverbänden entsprechende Entscheidungsgrundlagen“ erarbeiten. Nur so können alle offenen Fragen zeitnah geklärt werden, damit der Termin 2025 gehalten werden kann.

Mehr Mittel für Personal, Investitionen und Unterhaltskosten notwendig

Darüber hinaus hat das Gremium in seinem Positionspapier zwei weitere Empfehlungen für die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter erarbeitet. Zum einen pochen die Experten auf Standards und Qualitätsmaßstäbe: „Die Entwicklung eines Qualitätsrahmens zur Ganztagsbildung im Grundschulalter unter besonderer Berücksichtigung der Kulturellen Bildung ist dringend geboten“, so Eckart Liebau. Denn damit die Mindestvoraussetzungen für Ganztagsangebote definiert werden können, „bedürfen Inhalte, personelle Ausstattung, institutionelle Strukturen und die Verzahnung mit dem Curriculum der Schulen einer Rahmung“. Zum anderen fordert der Rat für Kulturelle Bildung deutlich, dass der Bund mehr Mittel für Personal, Investitionen und Unterhaltskosten bereitstellt. Das Positionspapier begründet seine Forderung unter anderem damit, dass „bereits jetzt lediglich 13 Prozent des in kulturellen Ganztagsangeboten an Grundschulen tätigen Personals für diesen Bereich ausgebildet sind“. Nur wenn massiv in weiteres Personal und dessen Ausbildung investiert wird, könne verhindert werden, dass sich die ohnehin schon prekäre Situation mit dem neuen Rechtsanspruch nicht weiter verschlechtert.

Mehr zum Thema

  • Der Rat für Kulturelle Bildung ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das sich umfassend mit der Lage und der Qualität Kultureller Bildung in Deutschland befasst.
  • Das Gremium ist eine Initiative von sieben verschiedenen Stiftungen. Dazu gehören in alphabetischer Reihenfolge die Bertelsmann Stiftung, die Deutsche Bank Stiftung, die Karl Schlecht Stiftung, die PwC-Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator und die Stiftung Nantesbuch.
  • Der Rat für Kulturelle Bildung veröffentlicht regelmäßig Positionspapiere in der Reihe „10 Minuten*“. Sie sind jeweils nur rund 1500 Wörter lang und sollen innerhalb von zehn Minuten gelesen werden können.
  • Das aktuelle Positionspapier „10 Minuten* Über den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter: Chancen für die Kulturelle Bildung“ kann hier heruntergeladen werden.
  • Mehr Informationen über den Rat für Kulturelle Bildung gibt es auf der Website des Gremiums.