Positionspapier : Konzepte, die sich in der Krise bewährt haben

Alle Schulen stehen in der Corona-Krise vor großen Herausforderungen, und dabei sind meist mehrere Baustellen gleichzeitig zu bewältigen: Digitalisierung, selbstgesteuertes Lernen oder auch neue Kooperationsstrukturen im Kollegium. Die Deutsche Schulakademie hat Preisträgerschulen aus dem Netzwerk des Deutschen Schulpreises befragt, wie sie mit den aktuellen Herausforderungen umgehen, und daraus in dem Positionspapier „Gute Schule bewährt sich in der Krise“ Empfehlungen für Schulen und Schulverwaltungen abgeleitet.

Die Gebrüder-Grimm-Schule in Hamm war Hauptpreisträger des Deutschen Schulpreises 2019. Auf der Online-Themenwoche stellt die Schule ihre Erfahrungen mit der Beziehungspflege während des Lockdowns vor.
©Traube 47

Die Corona-Krise hat, wie durch ein Brennglas, die Probleme des Bildungssystems offenbart – gleichzeitig bietet sie die Chance, Schule zu verändern und zukunftsfähig zu machen. Welche Stellschrauben sind entscheidend, welche Strukturen und Unterstützungen sind nötig, um einen solchen Entwicklungsprozess voranzubringen?

Die Befragungen der Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises haben gezeigt, dass sich die besonderen Konzepte auch in herausfordernden Situationen bewähren. Aus ihren Erkenntnissen während der Pandemie-Zeit lassen sich etliche Hinweise für die Gestaltung zukunftsfähiger Schulen ableiten.

Zusammengefasst wurden die Empfehlungen in einem Positionspapier der Deutschen Schulakademie, das anlässlich der Online-Themenwoche „Digitale Schule? Auf den Kulturwandel kommt es an!“ vom 20. bis 26. September veröffentlicht wurde. Das Bedürfnis nach einem Erfahrungsaustausch zum Umgang mit den Herausforderungen ist offenbar groß. Insgesamt haben sich bis jetzt bereits 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das mehrtägige Online-Forum angemeldet und eine Anmeldung ist auch nach Start der Themenwoche noch möglich

Klar ist, dass die neuen Herausforderungen nicht allein durch das Verteilen von Tablets gelöst werden. In ihrem Positionspapier hat die Deutsche Schulakademie fünf Handlungsfelder aufgezeigt, in denen sich die innovativen Konzepte der Preisträgerschulen in der aktuellen Situation besonders bewährt haben. Viele dieser Konzepte hat das Schulportal bereits in Videos und Texten aufbereitet, um andere Schulen zu inspirieren.

1. Professionelle Gestaltung pädagogischer Beziehungen

„Einen zentralen Aspekt der Arbeit der befragten Preisträgerschulen, insbesondere auch in der aktuellen krisenhaften Situation, bildet die professionelle Gestaltung pädagogischer Beziehungen: Ohne tragfähige und vertrauensvolle Beziehungen kann Lernen und Lehren nicht gelingen“, heißt es in dem Positionspapier. Während der Schulschließungen hätten die Schulen auf dieser Beziehungsarbeit aufbauen können, um Schülerinnen und Schüler zu erreichen, im Lernen auf Distanz zu begleiten und mit ihnen persönliche Sorgen zu besprechen.

Das ausführliche Mentoren-System des Gymnasiums der Stadt Alsdorf, Nordrhein-Westfalen, können Sie hier nachlesen.

2. Lernen und lernförderliche Leistungsbeurteilung

An den meisten Schulen des Preisträger-Netzwerks besteht laut Positionspapier eine sehr weit entwickelte Feedbackkultur. Das beinhalte sowohl „alternative Formen der Leistungsbeurteilung“ als auch eine „dialogische und förderliche Begleitung“ der Lernenden, zum Beispiel durch Portfolios oder Instrumente zur Selbstreflexion der Schülerinnen und Schüler, aber auch durch Lernentwicklungsberichte. Während der Corona-Krise hätten diese Aspekte geholfen, das Lernen der Schülerinnen und Schüler auch auf Distanz zu begleiten und individuell zu fördern.

Das Konzept „Mein Lernweg“ als alternative Form der Leistungsrückmeldung der Waldschule Flensburg, Schleswig-Holstein, können Sie hier nachlesen.

3. Lernen in der digitalen Welt

Mit der eingeschränkten Öffnung der Schulen nach dem Lockdown haben sich unterschiedliche Blended-Learning-Konzepte etabliert: Die Schulen haben Inhalte weiterhin digital vermittelt und diese im Präsenzunterricht anschließend diskutiert und vertieft. „Für die befragten Preisträgerschulen bieten Blendend-Learning-Formate eine Chance für individualisiertes, kooperatives und differenziertes Lernen“, heißt es in der Positionierung. Die Lernenden könnten dabei stärker als im reinen Präsenzunterricht ihre Lernprozesse selbst gestalten. Gleichzeitig würden die Schulen die digitalen Tools auch für das kooperative Lernen außerhalb des Unterrichts nutzen.

Das Integrale Medienkonzept mit eigenen Geräten (BYOD) an der Freiherr-vom-Stein-Schule, Neumünster in Schleswig-Holstein ist hier ausführlich beschrieben.

4. Kooperation und Zusammenarbeit

Bei der Entwicklung von Konzepten für das Lernen auf Distanz oder bei der Auswahl digitaler Tools haben sich klare Verantwortlichkeiten als hilfreich bei der Zusammenarbeit im Kollegium erwiesen. In allen befragten Schulen habe sich laut Positionspapier gezeigt, dass die Arbeit in weitgehend handlungsautonomen Teams mit klaren Aufgaben dazu beigetragen hat, rasch auf neue Situationen reagieren zu können.

Mehr zum Team-Kleingruppen-Modell an der Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule Göttingen (IGS Göttingen), Niedersachsen, erfahren Sie hier.

5. Schulleitung und Schulentwicklung

„Viele der in den Schulen umgesetzten Maßnahmen zum Umgang mit den Herausforderungen der Corona-Krise sind möglich geworden, weil die Schulen den Problemen eigenständig, lösungsorientiert und kreativ begegnet sind“, heißt es in dem Papier. Eine besondere Rolle komme dabei den Schulleitungen zu, die häufig eine Haltung von „Mut und Eigenwilligkeit“ in der Gestaltung von Schule vorleben. Gleichzeitig würden die Schulleitungen die Schulentwicklung durch eine Dezentralisierung der Verantwortlichkeiten voranbringen. So sei an vielen der befragten Schulen das Konzept einer Teamverantwortlichkeit etabliert: Die Schulleitungen arbeiten oft in Schulleitungsteams und delegieren abgesteckte Aufgaben mit Entscheidungsautonomie.

Schulleitung mit vielen Armen am Schreibtisch
Gerade jetzt in der Corona-Krise stehen Schulleitungen vor großen Herausforderungen und müssen viele Dinge gleichzeitig beachten.
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„Wie Schulleitungen in der Krise erfolgreich sind“, erklärt Maja Dammann von der Deutschen Schulakademie in einem ausführlichen Interview auf dem Schulportal.

Das gesamte Positionspapier „Gute Schule bewährt sich in der Krise“ der Deutschen Schulakademie steht hier zum Download bereit.