Quereinsteiger : Studiengang K2teach bereitet auf den Lehrerberuf vor

Willkommen in der Pädagogik: Der neue Masterstudiengang K2teach an der FU Berlin bereitet Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen auf die Herausforderungen des Lehrerberufs vor.

Die Freie Universität Berlin bildet seit 2016 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in einem Masterstudium für den Lehrerberuf aus.
Die Freie Universität Berlin bildet seit 2016 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in einem Masterstudium für den Lehrerberuf aus.
©David Außerhofer, FU Berlin

Was macht eine gute Lehrerin, einen guten Lehrer aus? Dieses Thema gehört zu den am meisten polarisierenden Debatten der Gegenwart. Nicht zuletzt weil jeder glaubt, mitreden zu können, und sich kaum jemand ohne eine klare Meinung zum pädagogischen Auftrag im Klassenzimmer findet. Umstritten ist auch die Frage: Können Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger im Beruf der großen Verantwortung gerecht werden? Ja, sagt Daniela Caspari, Didaktik-Professorin für romanische Sprachen und Literaturen an der Freien Universität (FU) in Berlin. Sie hat gemeinsam mit anderen Lehrstühlen und der Dahlem School of Education das an der FU angesiedelte Quereinsteiger-Programm „K2teach – Know how to teach“ mit entwickelt.

Eines ihrer Argumente lautet: Nicht nur der gesellschaftliche Diskurs über zeitgemäße Didaktik ist von Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit geprägt, sondern auch das Vorgehen der Pädagoginnen und Pädagogen selbst. Denn internationale Studien belegen, dass sie in Stresssituationen dazu tendieren, das Verhalten ihrer ehemaligen Lehrkräfte zu kopieren. Ein Phänomen, das unter dem Begriff „They teach as they were taught“ weltweit bekannt ist.

Diesem Berufsrisiko, in vertraute Muster zu verfallen, könne man, so Caspari, nur eine fundierte Lehrerausbildung entgegenhalten, die auch das Kernstück des sogenannten „Q-Master“ sei. Dieser neue Studiengang bereitet seit 2016 Quereinsteiger in vier Semestern auf den Lehrerberuf vor, wobei Didaktik, Erziehungswissenschaft und die Unterrichtspraxis im Zentrum stehen.

Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger punkten mit Lebenserfahrung

„Unabhängig davon, mit welchem Hochschulabschluss Quereinsteiger zu uns kommen: Hier lernen sie, als Lehrer flexibel in der Wahl ihrer Methoden zu werden, um sich nicht auf das sogenannte Bauchgefühl, ihr Erfahrungswissen, verlassen zu müssen“, sagt Daniela Caspari. Das Pilotprojekt, das gerade bis 2021 verlängert wurde und derzeit 81 Studierende umfasst, setzt einen Hochschulabschluss in mindestens einem unterrichtsrelevanten Studienfach voraus. Darüber hinaus müssen Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger über 110 Leistungspunkte in zwei vom Kultusministerium vorgegebenen Fächern verfügen, 20 davon im zweiten Fach. Zu diesen Fächern zählen unter anderem Deutsch, Mathematik, Physik, Geschichte und Fremdsprachen.

Das erfordert eine gedankliche Flexibilität, die Quereinsteigern leichter fällt als Kollegen, die nur ungern von ihrem langjährigen Erfahrungswissen abrücken.
Daniela Caspari, Didaktik-Professorin, Freie Universität Berlin

Grund für diesen Masterstudiengang ist der Lehrermangel. Die fehlenden Zugangsvoraussetzungen und die späte Entscheidung für einen beruflichen Wechsel sind dann die Hürden, die genommen werden müssen. Denn unter den Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern finden sich ehemalige Angestellte aus dem Bank- und Versicherungsgeschäft, Selbstständige aus dem Medien- und Kulturbereich sowie Ingenieure und Naturwissenschaftler, die zum Teil schon im Ausland studiert haben. Für Caspari sind es „gestandene Personen“ mit Lebenserfahrung, die zum Teil bereits selbst Kinder haben, die mit ihrer Menschenkenntnis und geistigen Flexibilität besonders geeignet sind für den Lehrerberuf.

Zeitgemäße Pädagogik erfordert Reflexion

Der Anspruch, flexibel auf Bedürfnisse und Lernvoraussetzungen ihrer Schülerinnen und Schüler einzugehen, ist Hauptmotivation für Nuria Hoyer, Lehrerin zu werden. Die 31-jährige Quereinsteigerin, die als Absolventin der ersten Kohorte des „Q-Master“ ab August mit dem Referendariat beginnt, hätte sich das Anfang 20 nicht vorstellen können: „Meine eigene Schulzeit war zu konfliktreich, vor allem weil mich störte, dass ich primär Inhalte schlucken und wiedergeben sollte. Deshalb konnte ich mir nach dem Abitur nicht vorstellen, einfach so die Rollen zu wechseln und so ganz ungebrochen Lehrerin zu werden.“

Beim ,Q-Master‘ habe ich gelernt, mein eigenes Vorgehen als Lehrerin regelmäßig mit Distanz und methodisch geschultem Blick zu überprüfen.
Nuria Hoyer, Absolventin der ersten Kohorte des Q-Masters

Erst mit Ende 20, nach einem Bachelor in Hispanistik, Wirtschaft- und Sozialgeschichte sowie im Zuge ihres Masters in Interdisziplinäre Lateinamerikastudien und dem Beginn einer Promotion kristallisierte sich ihr Wunsch heraus, Lehrerin zu werden. Doch kam für sie in diesem Lebensabschnitt nicht in Frage, mit einem komplett neuen Studium zu beginnen. Dann stieß sie auf den Q-Master, der ihr die Chance eröffnete, innerhalb kürzester Zeit mit einem Master of Education in Spanisch und Geschichte abzuschließen. „Hier wurde uns vermittelt, dass in der Regel nicht der störende Schüler das Problem ist, sondern Pädagogen, die ihre Anteile nicht erkennen und sich stattdessen in Sanktionen flüchten, die nur noch mehr Konflikte schüren.“ Im Spannungsfeld zwischen dem Rahmenlehrplan und der Einzelbetrachtung sei auch für Quereinsteiger Selbstreflexion unabdingbar. „Im Q-Master habe ich gelernt, mein Vorgehen als Lehrerin regelmäßig mit Distanz und methodisch geschultem Blick zu überprüfen.“

Auf einen Blick

  • Seit 2016 bildet die Freie Universität Berlin Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger zu Lehrerinnen und Lehrern aus.
  • Notwendig sind 110 Leistungspunkte in zwei vom Kultusministerium vorgegebenen Fächern, 20 davon im zweiten Fach. Dazu gehören unter anderem Physik, Deutsch, Mathematik, Geschichte und Fremdsprachen.
  • Mit „K2teach“ erlangen Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger nach zwei Jahren den Lehramts-Master.
  • „K2teach“ wird über die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ (Bund und Länder) gefördert.
  • Die Mittel stammen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.