Lehrkräftenotstand : Tausende Stellen an Schulen sind noch offen

Angesichts des dramatischen Lehrkräftemangels können bundesweit viele Schulen nicht mehr ausreichend mit qualifiziertem Personal versorgt werden. Etliche Bundesländer melden eine Unterausstattung. Das ergab eine Umfrage des Schulportals in den Kultusministerien der 16 Länder. Insgesamt können tausende offene Stellen für Lehrerinnen und Lehrer bundesweit nicht rechtzeitig besetzt werden. Dabei gibt es regional große Unterschiede. Besonders betroffen von dem Personalnotstand sind beispielsweise Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Vergleichsweise entspannt stellt sich dagegen die Situation in den Ländern Bayern, Hessen, Saarland oder Brandenburg dar. Das Schulportal hat eine Übersicht aller Bundesländer zusammengestellt, die fortlaufend aktualisiert wird.

Zum Start des neuen Schuljahres fehlen an vielen Schulen noch Lehrerinnen und Lehrer.
Zum Start des neuen Schuljahres fehlen an vielen Schulen noch Lehrerinnen und Lehrer.
©Peter Endig (dpa)

Baden-Württemberg:
Zum neuen Schuljahr 2018/19 hat das Land Baden-Württemberg rund 5.700 unbefristete Lehrerstellen an den öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen zu besetzen. Bislang konnten aber nur knapp 5.000 Stellen besetzt werden. Rund 700 Stellen sind noch offen. Laut Kultusministerium gebe es noch etliche Bewerberinnen und Bewerber, die noch kein Einstellungsangebot angenommen haben, darunter auch viele für Grundschulen. „Wir könnten zahlreiche Stellen problemlos besetzen, wenn wir Bewerberinnen und Bewerber hätten, die flexibel und mobil sind, aber das geografische Beharrungsvermögen von Junglehrern ist erstaunlich“, sagt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU).

Bayern:
In Bayern startet das neue Schuljahr mit einer Erfolgsmeldung: „Wir sind in Bayern in der beruhigenden Lage, dass wir alle unsere Lehrerstellen mit qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern besetzen können. Das gilt für alle Stellen, die nachbesetzt werden müssen, wie auch für die rund 850 zusätzlichen, mit denen wir neue Akzente setzen und zum Beispiel die Digitalisierung, die Integration und die Inklusion weiter voranbringen wollen“, sagte Kultusminister Bernd Sibler (CSU) am 5. September.  Insgesamt wurden 4.300 Lehrkräfte zum neuen Schuljahr eingestellt.

Berlin:
In der Hauptstadt startet das neue Schuljahr am 20. August mit 2.700 neuen Lehrkräften (2.400 neue Vollzeitstellen). 90 Lehrkräfte werden noch gesucht. Allerdings sind 738 der neuen Lehrkräfte Quereinsteiger  und 915 sogenannte Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung (LovL). Insgesamt sind damit die qualifizierten Lehrkräfte unter den Neueinstellungen mit 37 Prozent deutlich in der Minderheit. „Wir haben unsere Verfahren so flexibilisiert, dass auch im laufenden Schuljahr eingestellt werden kann. Die Schulen erhalten zudem die Möglichkeit, multiprofessionelle Teams einzustellen wie zum Beispiel Psychologen oder Sprachlernassistenten“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Die Bildungsgewerkschaft GEW erkannte zwar an, dass trotz Fachkräftemangel, die offenen Stellen weitgehend besetzt worden sind. GEW-Vorsitzender Tom Erdmann merkte jedoch an, dass sich die Senatorin dafür einiger Tricks bedient habe. So rechne sie erstmals auch Willkommenslehrkräfte, Pensionärinnen und Pensionäre und Masterstudierende in das Einstellungskontingent mit ein, um die Statistik aufzubessern.

Brandenburg:
Zum neuen Schuljahr 2018/19 sind hier rund 1.000 Lehrerstellen neu zu besetzen. Davon sind laut Ministerium so gut wie alle besetzt. Nur sechs Stellenangebote sind derzeit noch ausgeschrieben. Lediglich für einige wenige Schulen in ländlichen Regionen bleibe es weiter eine Herausforderung, passende Lehrkräfte zu finden, sagte Pressesprecherin Antje Grabley.

Bremen:
260 Lehrkräfte wurden an allgemeinbildenden Schulen in Bremen neu eingestellt. 50 Stellen konnten noch nicht mit voll ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzt werden. Diese Stellen wurden wie im vergangenen Schuljahr in Absprache mit den betroffenen Schulleitungen befristet in „Geld umgewandelt“. So können diese Master-Absolventinnen und -Absolventen sowie Kräfte mit dem 1. Staatsexamen und pensionierte Lehrkräfte über die Stadtteilschule einstellen und die Unterrichtsversorgung mit sichern, hieß es zum Schulstart am 9. August.

Hamburg:
Die Bildungsverwaltung in Hamburg teilte am Dienstag mit, dass 522 der freien Stellen für Lehrerinnen und Lehrer zum neuen Schuljahr bereits besetzt seien. Wie viele noch fehlen, kann die Verwaltung erst mit der Erhebung am 15. September an den einzelnen Schulen bekannt geben. „In vielen anderen Bundesländern herrscht seit Jahren dramatischer Lehrermangel. Schulsenator Ties Rabe (SPD) sagte zum Schuljahresauftakt: „In Hamburg haben wir bisher Glück gehabt, weil die Stadt attraktiv ist und viele junge Lehrkräfte auch das Hamburger Schulsystem als attraktives Berufsumfeld entdeckt haben. Aber die Situation wird nicht leichter.“ Deshalb habe Hamburg jetzt eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, um zusätzliche Lehrkräfte zu bekommen.

Hessen:
Für die Schulen in Hessen stehen rund 1.000 neue Stellen für das Schuljahr 2018/19 zur Verfügung. „Einige Einstellungsverfahren laufen zwar noch, doch wir gehen davon aus, dass im Rahmen dieser Verfahren alle Stellen besetzt werden können“, sagte Philipp Bender, stellvertretender Pressesprecher des Kultusministeriums in Hessen.

Mecklenburg-Vorpommern:
In Mecklenburg-Vorpommern wurden 639 Lehrerinnen und Lehrer neu in den Schuldienst übernommen. Etwa 30 Prozent davon seien Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, sagte Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD) am Dienstag. Noch 27 der ausgeschriebenen Lehrerstellen offen. Von den zum neuen Schuljahr ausgeschriebenen 100 Referendarsstellen an Grundschulen konnten mangels Interesse lediglich 35 besetzt werden. Für die Gymnasien hingegen hatte es dreieinhalb Mal so viele Interessenten gegeben wie Stellen.

Niedersachsen:
Ausgeschrieben waren in Niedersachsen 2.000 Stellen für Lehrkräfte. Zum Schulstart in der vergangenen Woche waren davon erst 1.880 eingestellt. Unter den Neueinstellungen waren auch 280 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. „Bis zum Ende des Einstellungsverfahrens Ende August werden wir alles tun, um noch möglichst viele weitere Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen“, sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) zum Auftakt des Schuljahres. Die durchschnittliche Unterrichtsversorgung werde sich bei 99 Prozent einpegeln. Tonne kündigte verschiedene Maßnahmen an, um dem Personalmangel zu begegnen, unter anderem eine bessere Bezahlung für Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen.

Nordrhein-Westfalen:
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) stellte zum Start des Schuljahres 2018/19 am 24. August die aktuellen Besetzungszahlen vor. Danach konnten von den im Jahr 2018 zu besetzenden 9.623 Stellen 5.929 besetzt werden. Nicht besetzt werden konnten 3.694 Stellen. Das ergibt eine Besetzungsquote von 61,6 Prozent. Die Ministerin kündigte ein neues Maßnahmenpaket an, unter anderem zur Erweiterung des Seiteneinstiegs und zur Gewinnung von Pensionären für den Schuldienst.

Rheinland-Pfalz:
Hier konnten zum neuen Schuljahr fast alle der 1.000 offenen Stellen an allgemeinbildenden Schulen mit ausgebildeten Lehrkräften besetzt werden. Nur im Förderschulbereich sind nach Angaben des Kultusministeriums noch 20 Stellen offen. „Wir sind sehr optimistisch, dass wir diese offenen Stellen spätestens zum zweiten Halbjahr 2018/2019 besetzen können“, sagte Henning Henn, Sprecher des Ministeriums auf Anfrage des Schulportals.

Saarland:
Mit einer positiven Einstellungsbilanz startete das neue Schuljahr im Saarland. Insgesamt wurden 201 neue Lehrerinnen und Lehrer für allgemeinbildende Schulen und 34 für Berufsschulen eingestellt. Alle offenen Stellen konnten nach Angaben des Kultusministeriums besetzt werden.

Sachsen:
Kultusminister Christian Piwarz (CDU) musste zum Schulstart bekannt geben, dass nicht alle offene Stellen für Lehrkräfte besetzt werden konnten. Bis zum 7. August waren 870 der ausgeschriebenen 1.100 Stellen besetzt. „Das Gesamtergebnis kann uns nicht zufriedenstellen, war allerdings angesichts der Bewerberlage zu erwarten“, kommentierte Minister Piwarz die Einstellungszahlen. Erst in den kommenden Jahren erwarte er aufgrund des beschlossenen Lehrerpakets eine Verbesserung. Problematisch sei die Lage vor allem an Oberschulen und an Förderschulen.

Sachsen-Anhalt:
Auch in Sachsen-Anhalt startete das neue Schuljahr mit fast 200 offenen Stellen für Lehrerinnen und Lehrer. Von den 610 ausgeschriebenen Stellen konnten nur 420 besetzt werden, darunter 96 mit Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern. An den Sekundarschulen und Berufsschulen blieb fast jede zweite Stelle offen. Auch an Grundschulen ist der Mangel groß: Von 168 Stellen waren nur 113 besetzt. An Sekundarschulen sollen Lehrkräfte von gut ausgestatteten Gymnasien aushelfen.

Schleswig-Holstein:
Zum 16. August waren in Schleswig Holstein nach Angaben des Kultusministeriums noch 177 Stellen über alle Schularten unbesetzt. Insgesamt waren 1.442 Stellen für Lehrkräfte an allgemeinbindenden und beruflichen Schulen neu zu besetzen.  „Natürlich gibt es in einem Flächenland regionale Unterschiede und stellenweise auch Probleme, von denen wir die meisten allerdings lösen können“, sagte die Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Sie betonte, derzeit laufe das Einstellungsgeschäft noch, es ziehe sich – wie in jedem Jahr – durch das ganze Schuljahr. Die größten Lücken gibt es an den Gemeinschaftsschulen ohne gymnasiale Oberstufe. Hier ist fast jede dritte Stelle noch unbesetzt. Auch an Förderschulen und Grundschulen müssen noch viele Lehrkräfte eingestellt werden. An Gymnasien dagegen gibt es nur noch zwei offene Stellen.

Thüringen:
Eng sieht es auch in Thüringen aus. In diesem Jahr wechseln laut Kultusministerium nach derzeitigem Stand 767 Thüringer Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand. Das seien mehr als im Vorjahr. Von den somit 767 zu besetzenden Stellen seien bis zum 31. Juli 697 Stellen vergeben worden. Das entspreche 91 Prozent. 70 Stellen konnten bisher noch nicht besetzt werden, hieß es aus dem Ministerium. Dort, wo nicht alle Stellen besetzt sind, wird dennoch alles unternommen, um den Unterricht abzusichern. Dazu können auch Klassenzusammenlegungen zählen. Wenn es keine Möglichkeit der Vertretung gebe, könne es auch zu Unterrichtsausfall kommen, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums.