Rechtsstreit : Kopfnoten in Zeugnissen rechtswidrig

Mit Kopfnoten bewerten Lehrkräfte das Arbeits- und Sozialverhalten der Schülerinnen und Schüler. In Sachsen ist eine solche Bewertung bislang üblich. Kopfnoten werden hier für Betragen, Mitarbeit, Fleiß und Ordnung vergeben. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Dresden ist das Ausstellen von Kopfnoten in Zeugnissen aber rechtswidrig. Diese seien nur zulässig, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung im Schulgesetz getroffen habe, teilte das Gericht Anfang der Woche in Dresden mit. Eine solche Regelung gebe es bislang nicht. Damit hielt das Gericht an einer früheren Entscheidung fest. Es hatte damals entschieden, dass einem Schüler das Jahreszeugnis der neunten Klasse und das Halbjahreszeugnis der zehnten Klasse ohne Kopfnoten auszuhändigen sind.

Zeugnis
Um die Bewertung auf Zeugnissen gibt es immer wieder Streit.
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Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) will trotz eines abschlägigen Gerichtsurteils an Kopfnoten in Schulzeugnissen festhalten. „Eine Bewertung der sozialen Kompetenz von Schülern steht für mich nicht zur Disposition“, teilte er mit. Er kündigte an, das Urteil prüfen zu lassen. Nach dem am Montag veröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichtes Dresden ist das Ausstellen von Kopfnoten in Zeugnissen rechtswidrig. Diese seien nur zulässig, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung im Schulgesetz getroffen habe, so das Gericht. Eine solche Regelung gebe es bislang nicht.

Das Gericht hielt mit seinem Urteil an einer früheren Entscheidung fest. Es hatte bereits Ende vergangenen Jahres in einem Eilverfahren entschieden, dass einem Schüler das Jahreszeugnis der neunten Klasse und das Halbjahreszeugnis der zehnten Klasse ohne Kopfnoten auszuhändigen sind. Der Oberschüler hatte auf Entfernung der Kopfnoten aus dem Zeugnis der neunten Klasse geklagt, mit dem er sich bei Unternehmen um eine Ausbildung nach dem Realschulabschluss bewerben wollte. Der Schüler war der Meinung, dass Kopfnoten seine Chancen bei der Berufswahl verminderten.

Schränken Kopfnoten die freie Berufswahl von Jugendlichen ein?

Bereits gegen die erste Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Dresden hatte das Landesamt für Schule und Bildung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen eingelegt. Dieses hatte dann die Noten für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung in Schulzeugnissen im Frühjahr für zulässig erklärt.

In dem Hauptsacheverfahren musste nun das Verwaltungsgericht Dresden trotzdem wieder eine abschließende Entscheidung treffen. Es habe geklärt werden müssen, inwieweit Kopfnoten Rückschlüsse auf das Arbeits- und Sozialverhalten des Schülers zulassen und ob sie sich auf seine freie Berufswahl auswirken, so das Gericht.

Inzwischen habe der Schüler zwar einen Platz an einer Fachoberschule angenommen. Der Rechtsstreit, um den es zunächst ging, habe sich dadurch erledigt, so das Gericht. Dennoch konnte das Gremium über die Vergabe von Kopfnoten entscheiden. Sie greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Schülerinnen und Schülern und damit erheblich in die Grundrechte ein. Deshalb habe der Sachverhalt in mündlicher Verhandlung geprüft werden müssen.

Kultusminister und Handwerksverband kritisieren das Urteil

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden hält die Debatte um Kopfnoten aber an. Nicht nur beim Kultusminister, auch beim Handwerk stieß das Urteil auf Missfallen.  „Aus Sicht ausbildender Handwerksunternehmer ist dieses Urteil völlig unverständlich. Gerade Kopfnoten auf Zeugnissen, mit denen sich junge Leute um eine betriebliche Lehrstelle bewerben, sind für uns als Ausbilder doch — neben den regulären Schulnoten — ein erster Hinweis, inwiefern der Betreffende auch über soziale Kompetenzen verfügt“, sagte der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Roland Ermer.

Auch aus Sicht der sächsischen Lehrerinnen und Lehrer sei dieses Urteil nicht nachvollziehbar, teilte der Sächsische Lehrerverband mit. Bei der Beurteilung sozialer Kompetenzen spielten Kopfnoten auf Zeugnissen neben den regulären Noten eine entscheidende Rolle, sagte der Landesvorsitzende des Sächsischen Lehrerverbandes, Jens Weichelt. Er forderte vom Gesetzgeber, Rechtssicherheit herzustellen.

Der Schülerrat Sachsens hingegen begrüßt das Urteil. Beim Erstellen von Kopfnoten werde eine sehr subjektive Persönlichkeitsbewertung von Schülern vorgenommen, teilte der Schülerrat am Dienstag in Dresden mit. Dadurch entstünde ein falsches Bild des individuellen Sozialverhaltens.

dpa