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Digitalisierung : Das Geld aus dem Digitalpakt Schule ist verplant – wie geht es weiter?

Der Digitalpakt Schule umfasst Fördergelder des Bundes von insgesamt 6,5 Milliarden Euro. Kurz vor dem Ende des Digitalpakts 2024 ist das meiste Geld offenbar verplant, doch der Bedarf zur Digitalisierung von Schulen ist nach wie vor groß. Am 2. Februar gab der Bund im Zuge der Verhandlungen zum Startchancen-Programm die lang erwartete Zusage, dass es einen neuen Digitalpakt 2.0 geben werde. Das Schulportal hat sich angeschaut, wo der Digitalpakt Schule aktuell steht, was das Förderprogramm bislang erreicht hat und was sich bei einem Digitalpakt 2.0 ändern muss.

Inhalt

Geht der Digitalpakt Schule nach 2024 weiter oder nicht? Darum wurde zwischen Bund und Ländern gerungen. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November 2023 einigten sich die Länder laut Bericht von Table.Media auf zwei zentrale Forderungen für den Digitalpakt II. Nach dem Beschluss der Länder soll der Digitalpakt für Schulen nahtlos fortgesetzt werden – mit 1,3 Milliarden Euro jährlich . Ab Juni 2024 sollen im Bundeshaushalt mindestens 600 Millionen Euro dafür eingeplant werden. Zu einem gemeinsamen Beschluss mit dem Bund kam es bei dem Treffen jedoch nicht.

Ein breites Bündnis aus Lehrerschaft, Eltern, Schulträgern und der Digitalwirtschaft warnte zuvor vor dem Auslaufen des Digitalpaktes und forderte eindringlich die Umsetzung der im Koalitionsvertrag zugesicherten nahtlosen Anschlussfinanzierung. Seit 2019 hat der DigitalPakt Schule mehr als fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung von Deutschlands Schulen bereitgestellt. Trotzdem fehle es weiterhin an breitbandiger Vernetzung, digitalen Endgeräten, Lehrmitteln und Tools sowie den entsprechenden Fortbildungen und Strategien, hieß es in der Erklärung. Auch die Kultusministerkonferenz  forderte eine klare Zusage vom Bund. Diese kam nun am 2. Februar im Zuge der Verhandlungen zum Startchancen-Programm.

Die meisten Fördermittel aus dem Digitalpakt Schule inzwischen gebunden

Insgesamt 6,5 Milliarden Euro hat der Bund für den Digitalpakt Schule bereitgestellt, aber vier Jahre nach Start des Programms war nur ein Drittel des Geldes abgeflossen, ein weiteres Drittel allerdings bereits verplant. Nach aktuellen Zahlen des Bundesbildungsministeriums, das die Rückmeldungen der Länder zum Abruf der Gelder zusammenfasst, waren zum Stichtag 30. Juni 2023 2,3  Milliarden Euro für konkrete Projekte ausgegeben. Bereits bewilligt, aber noch nicht ausbezahlt wurden nach Ministeriumsangaben 4,7 Milliarden Euro.

Zum Basis-Paket des Digitalpakts Schule von 5 Milliarden Euro sind in der Corona-Pandemie noch drei weitere Förderprogramme des Bundes mit einem Umfang von jeweils 500 Millionen dazugekommen. Insgesamt umfasst der Digitalpakt Schule also 6,5 Milliarden Euro. Diese Fördermittel des Bundes haben die Länder zusätzlich mit Eigenmitteln von 10 Prozent aufgefüllt, sodass die Fördersumme also insgesamt 7,15 Milliarden Euro beträgt.

Bislang nur Geld für digitale Endgeräte fast komplett ausgegeben

Während die Gelder vom ursprünglichen Digitalpakt nur schleppend an den Schulen ankommen, sieht die Bilanz der zusätzlichen Corona-Hilfen weit besser aus. Die beiden Fördertöpfe für das Sofortausstattungsprogramm für Schülerinnen und Schüler sowie für digitale Endgeräte für Lehrkräfte sind jeweils fast komplett geleert. Der dritte Topf für IT-Administration ist hingegen bislang fast unberührt: Von den 500 Millionen Euro waren bis Ende Juni 2023 lediglich napp 92 Millionen Euro ausgegeben.

Nimmt man alle Fördertöpfe zusammen, sind 72 Prozent der Mittel beantragt und 35 Prozent abgeflossen.

Dass es auch bis 2030 weiterhin einen großen Bedarf gibt zeigt auch das Deutsche Schulbaromter der Robert Bosch Stiftung. In der repräsentativen Umfrage vom Juni 2023 wurden die Lehrkräfte auch nach dem Stand der Digitalisierung befragt. Auch wenn die Internetverbindungen an Schulen im Vergleich zur Lehrerumfrage 2020 demnach deutlich besser geworden sind, sieht immer noch die Hälfte der Lehrkräfte (50 Prozent) einen großen Verbesserungsbedarf bei der technischen Ausstattung der Schulen. Deutlich wird, dass Schulen in einem eher benachteiligten Umfeld, wo mehr als die Hälfte der Eltern Transferleistungen wie Bürgergeld oder Sozialhilfe beziehen, auch bei der digitalen Infrastruktur benachteiligt sind. Hier sehen 61 Prozent der Befragten großen Verbesserungsbedarf. Und auch an der technischen Ausstattung der Lehrkräfte fehlt es an diesen Schulen besonders. 40 Prozent der Lehrkräfte an Schulen in schwierigen Lagen geben an, dass sie Verbesserungsbedarf bei der Ausstattung der Lehrkräfte mit digitalen Dienstgeräten haben.

Komplizierte Förderverfahren und Personalengpässe

Für den zähen Mittelabluss ist auch ein komlpziertes Antragsverfahren verantwortlich.

Jacob Chammon, noch Vorstand des Forums Bildung Digitalisierung und seit 1. August Geschäftsführer der Deutschen Telekom Stiftung, hat im Interview mit dem Schulportal vor allem drei Dinge angemahnt, die sich bei einem Digitalpakt 2.0 ändern müssten:

  • „Der Fokus sollte nicht nur auf Technik, sondern auch auf Inhalten und Fortbildungen liegen. Das Lernen muss an die Kultur der Digitalität angepasst werden.
  • Die Mittel müssen dahin kommen, wo der Bedarf am größten ist, um die digitale Kluft zu schließen.
  • Erfahrungen aus den Ländern müssen jetzt länderübergreifend durch mehr Zusammenarbeit genutzt werden, um sicherzustellen, dass es nicht 16 Einzellösungen gibt.“

Auch die Studie „Die Umsetzung des Digitalpakts 2022“ der Universität Hildesheim und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung im Auftrag der GEW mahnt bei einer Verlängerung des Digitalpakts Schule Veränderungen an. Die im Mai 2022 veröffentlichte Studie fordert transparentere und unkompliziertere Abstimmungsprozesse zwischen den Verwaltungsebenen. Außerdem müssten die Mittel bedarfsgerechter verteilt werden. „Die Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler sind auch mit Blick auf die Digitalisierung sehr ungleich“, sagt Michael Wrase, Professor für Öffentliches Recht, der die Studie geleitet hat. Ob die Digitalisierung an einer Schule vorankomme oder nicht,  hänge vor allem von der Finanzlage der jeweiligen Kommune ab und auch davon, ob es an einer Schule digital affine Lehrkräfte gebe.

Bei der Weiterführung des Digitalpakts Schule müsse daher unbedingt stärker darauf geachtet werden, dass mehr Mittel an Schulen in kritischer Lage gehen, statt Gelder nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen. Damit das gelinge, müsste es ein Monitoring geben, das stärker als bislang soziale Kriterien und die finanzielle Situation der Kommunen berücksichtigt.

Wie kam es zum Digitalpakt Schule?

Der Digitalpakt Schule verfolgt das Ziel, die digitale Ausstattung an Schulen zu verbessern oder überhaupt erst zu ermöglichen. „Es ist eine der großen Zukunftsaufgaben, die Schülerinnen und Schüler an den Schulen in Deutschland umfassend auf die Digitalisierung in allen Lebensbereichen vorzubereiten“, heißt es auf der Seite der Kultusministerkonferenz (KMK) zum Ziel des Förderprogramms. Inhaltliche Grundlage für den Digitalpakt Schule ist das Strategie-Papier der KMK „Bildung in der digitalen Welt“ von 2016.

Für den Digitalpakt Schule musste zunächst das Grundgesetz geändert werden, weil die Länder die Hoheit über die Bildungspolitik haben und daher der Bund beim Thema Schulen eigentlich kein Mitspracherecht hat und somit die schulische Bildung auch nicht direkt mitfinanzieren kann. Seit 2018 haben das Bundesbildungsministerium und die Kultusministerien der Länder darüber verhandelt und schließlich den Artikel 104c im Grundgesetz entsprechend geändert. Im März 2019 wurde der Digitalpakt Schule dann beschlossen, zum 17. Mai 2019 trat die „Verwaltungsvereinbarung Digitalpakt Schule 2019 bis 2024“ in Kraft.

Was wird mit dem Digitalpakt Schule gefördert?

Da die Schulen in ihrer IT-Infrastruktur auf unterschiedlichen Levels sind, ist die Bandbreite der Fördermöglichkeiten durch den Digitalpakt Schule groß. Sie reicht von der Ausstattung mit schnellem Internet und WLAN über die Nutzung von Lernplattformen, anderer Software und Cloud-Diensten bis zur Anschaffung digitaler Endgeräte oder digitaler Tafeln. Was in welchem Bundesland in welchem Umfang gefördert werden kann, geht aus den jeweiligen Förderrichtlinien der Länder hervor.

Mit Mitteln des Digitalpakts Schule werden derzeit folgende länderübergreifende Projekte gefördert. Die meisten befinden sich allerdings erst noch in der Entstehung. „Diese ermöglichen den Austausch, die Vernetzung und Organisation und die Entwicklung von digitalen Bildungsstrukturen und -angeboten über die Ländergrenzen hinweg“, heißt es auf der Seite der Kultusministerkonferenz, wo die Projekte auch ausführlich beschrieben werden:

Länderübergreifende Projekte im Digitalpakt Schule

Mehr Verbindlichkeit zwischen den Ländern gefordert

Während die Mittel des Digitalpakts Schule in erster Linie in die digitale Ausstattung der Schulen und die aufgeführten länderübergreifenden Projekte fließen, sind die Länder für die entsprechende Lehrerbildung und Weiterbildung sowie die Erstellung und Umsetzung medienpädagogischer Konzepte zuständig. Dass es hier noch großen Entwicklungsbedarf gibt, hat die im Oktober 2021 vorgestellte Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der KMK zur Bildung in der digitalen Welt gezeigt. Sie hat darin Empfehlungen für fast alle Bereiche der digitalen Bildung aufgestellt und auch mehr Verbindlichkeit zwischen den Ländern gefordert.

Die Förderung des Breitbandausbaus wird nicht durch den Digitalpakt Schule finanziert, sondern ist Aufgabe des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI). Im Digitalpakt Schule wird die Vernetzung auf dem Schulgelände bis ins Klassenzimmer gefördert, im Bundesförderprogramm zum Breitbandausbau in Deutschland wird hingegen der Glasfaser-Anschluss der Schulen von außen an das Internet gefördert.

Wie viel Geld steht mit dem Digitalpakt zur Verfügung?

Für den Digitalpakt Schule hat der Bund ursprünglich 5 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 2019 bis 2024 bereitgestellt. Vorgesehen war beim Start des Programms, dass 3,5 Milliarden Euro aus dem Fördertopf des Bundes bis zum Ende der jetzigen Legislaturperiode 2021 abgerufen werden sollen.

In der Corona-Pandemie hat der Bund die Fördersumme noch um weitere 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. 500 Millionen Euro sind vorgesehen für die Beschaffung digitaler Endgeräte für bedürftige Schülerinnen und Schüler, damit sie am Online-Unterricht teilnehmen können. Dieses sogenannte Sofortausstattungsprogramm wurde als Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt Schule im Mai 2020 beschlossen und trat Anfang Juli 2020 in Kraft.

Inzwischen sollten in den meisten Bundesländern alle Schülerinnen und Schüler soweit mit digitalen Leihgeräten versorgt sein, dass sie am Online-Unterricht teilnehmen können. Bremen ist sogar noch einen Schritt weitergegangen und hat nicht nur bedürftige, sondern alle Schülerinnen und Schüler zum Ende des Jahres mit Schüler-Tablets versorgt.

Mit weiteren 500 Millionen Euro sollten Dienst-Geräte für Lehrkräfte beschafft werden; dieses zusätzliche Programm ist seit 28. Januar 2021 in Kraft. Und noch einmal 500 Millionen Euro sollten die Länder bekommen, um IT-Administratorinnen und IT-Administratoren ausbilden und finanzieren zu können, die sich um die Technik an den Schulen kümmern. Dieses Zusatzprogramm läuft seit November 2020.

Insgesamt umfasst der Digitalpakt Schule also inzwischen 6,5 Milliarden Euro. Zusätzlich zu den Mitteln des Bundes stocken die Länder diese Fördersumme noch um weitere 10 Prozent aus eigenen Mitteln auf, sodass die Summe, die den Schulen für die Digitalisierung durch den Digitalpakt Schule zur Verfügung steht, bei rund 7 Milliarden Euro liegt. Auf jede der insgesamt etwa 40.000 allgemeinbildenden und beruflichen Schulen entfallen damit im Schnitt 175.000 Euro.

Wie kommen die Schulen an die Fördermittel aus dem Digitalpakt Schule?

Bis Schulen vom Digitalpakt profitieren können, gibt es erst ein aufwendiges Antragsverfahren. Schulen müssen zunächst ein technisch-pädagogisches Konzept ausarbeiten und dabei benennen, welche digitale Ausstattung sie benötigen. Wie ist die Schule ausgestattet? Was wird gebraucht und warum? Wie sollen Lehrkräfte für die Nutzung der Technik qualifiziert werden? Die Konzepte müssen die Schulen an die Schulträger weiterleiten. Bei öffentlichen Schulen sind die Schulträger meistens die Städte, Gemeinden oder Landkreise. Bei Privatschulen ist der jeweilige Träger ein Verein oder eine Religionsgemeinschaft. Die Schulträger wiederum stellen dann einen Förderantrag beim Land. Sie bündeln dafür die Anträge der Schulen und stellen dann einen Gesamtantrag. Das Land prüft den Antrag. Wird er bewilligt, können die beantragten Geräte oder die Software bestellt oder installiert werden. Das Geld fließt aber erst, wenn der Prozess abgeschlossen ist.

Nach Ansicht der Bildungsgewerkschaft VBE sind die Antragsverfahren für Fördergelder aus dem Digitalpakt Schule, die zwar im Zuge von Corona vereinfacht wurden, immer noch zu kompliziert. Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann schlug eine Vereinfachung und mehr Unterstützung der Schulen vor, damit das Geld dort ankommt.

Das Bundesbildungsministerium gibt hier eine Übersicht über Förderrichtlinien, zuständige Stellen und Beratungsmöglichkeiten in den jeweiligen Bundesländern.

Wie erfolgreich ist der Digitalpakt Schule bislang?

Die Zustimmung zum Digitalpakt Schule ist zwar hoch, aber es kommt drei Jahre nach der Einführung noch zu wenig tatsächlich in den Schulen an. So haben im Dezember 2020 bei der Folgebefragung von Lehrkräften für das Deutsche Schulbarometer 61 Prozent gesagt, ihre Schule sei im Hinblick auf die Ausstattung mit digitalen Medien weniger gut oder schlecht vorbereitet. Im April haben dies 66 Prozent der Befragten gesagt. Es hat sich während der Corona-Krise an den meisten Schulen also nicht viel verändert. Und auch in der Befragung für das Deutsche Schulbarometer im April 2022 zählten die befragten Lehrkräfte die Herausforderungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung von Schulen zu den aktuell größten Herausforderungen.

Auch Eltern schulpflichtiger Kinder sehen weiterhin noch großen Nachholbedarf bei der Digitalisierung der Schulen. Bei einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom von April 2021 gaben drei von vier Eltern (77 Prozent) an, ihnen gehe die Digitalisierung der Schulen zu langsam. 83 Prozent sind der Ansicht, dass verstärkt in die IT und Ausstattung mit digitalen Endgeräten investiert werden sollte. Für die derzeitige digitale Ausstattung vergaben sie die Note 3-, bei der Versorgung mit WLAN in Klassenräumen vergaben sie sogar nur eine 4+.

Mehr Kompetenzen des Bundes für digitale Bildung gefordert

Eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom von August 2021 zeigt außerdem, dass sich die meisten Deutschen gerade, was die digitale Bildung anbelangt, noch mehr Mitspracherecht des Bundes wünschen. 67 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, der Bund sollte mehr Kompetenzen im Bildungswesen erhalten, um die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben. 

Die Anschaffung von Smartboards oder die Einführung einer Lernplattform macht außerdem noch keinen guten digitalen Unterricht aus. Matthias Förtsch und Kai Wörner haben in ihrer Kolumne für das Schulportal schon bei der Einführung des Digitalpakts 2019 eine Strategie für die Digitalisierung angemahnt und beschrieben, wie sich ohne Strategie der Digitalpakt „versieben“ lässt.

 

Umfragen zum Stand der Digitalisierung an Schulen